this post was submitted on 07 May 2024
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Wehrhafte Demokratie

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Ein europäisches Großevent in einer 300.000-Einwohner-Stadt: Der Eurovision-Songcontest (ESC) gastiert 2024 in Schweden – genauer gesagt in Malmö.

Das Großstädtchen am Öresund hat eine wechselvolle Geschichte. Einst war es eine raue Hafen- und Arbeiterstadt.

Mittlerweile leben im Schatten des ikonischen Hochhauses Turning Torso aber auch viele Gutverdiener aus dem nahen Kopenhagen. Und in den Randbezirken eine große Zahl an Migranten.

Inwieweit Malmö nun eher teilgentrifiziertes Miet-Paradies oder eine von sozialen Konflikten zerrissene Stadt ist – die Antwort hängt entscheidend von der Perspektive ab. Und die vermutlich vom Wohnviertel.

Reiche -> „Malmö ist ein Miet-Paradies“ Alle anderen -> „Malmö ist eine von sozialen Konflikten zerrissene Stadt“

Klar scheint aber: Der ESC wird Konflikte in die Stadt tragen. Auch, weil mit Eden Golan mitten im Gazakonflikt eine israelische Sängerin zum Wettbewerb anreist.

Im Vorfeld kursierten Aussschluss-Forderungen. Palästinaflaggen werden nun im Veranstaltungssaal tabu sein.

Was? „Es gab da über 1000 Musiker, die einen Ausschluss Israels fordern, also erlauben wir keine Palästina-Flaggen“

Der schwedische Sicherheitsexperte und frühere leitende Polizei-Mitarbeiter Jörgen Holmlund ist indes in „Sorge“ über die Lage auf den Straßen, wie er unserer Redaktion sagt.

„Ich denke, das Event in Malmö wird massive Aufmerksamkeit im pro-palästinensischen Lager auf sich ziehen“, erklärte Holmlund; der schwedische Inlandsgeheimdienst Säpo sei wegen möglicher islamistischer Anschläge auf der Hut.

Es werde „aber auch auf linker Seite einige Leute geben, die einen europäischen Musikwettbewerb mit israelischer Beteiligung als Anlass nutzen“, mutmaßte er.

Weitere „Brisanz“ könnten laut Holmlund Koranverbrennungen in die Stadt tragen. Eine erste hat am Freitag (3. Mai) bereits stattgefunden.

Eine für Sonntag geplante fand nicht statt – offenbar weil eine „Beantragungsgebühr“ im Gegenwert von rund 30 Euro nicht bezahlt wurde, wie der Sender SVT berichtete.

Holmlund rechnet mit 50.000 bis 100.000 Protestierende an den ESC-Tagen in Malmö – das Event zieht sich aufgrund zweier „Halbfinals“ de facto über die ganze Woche.

„Die meisten von ihnen werden zwar harte Worte wählen und Fahnen schwenken, aber im Rahmen der Meinungsfreiheit“, prognostizierte der Dozent der schwedischen Verteidigungshochschule in Stockholm.

Die große Gefahr sei aber, dass sich in der Menge der friedlichen Demonstranten auch Anhänger „radikaler Bewegungen“ verstecken. Die „große Herausforderung“ sei, diese Gruppen fernzuhalten oder zu isolieren.

G20 Flashbacks

„Wenn sie die Gelegenheit haben, werden sie Angriffe auf die Polizei, das Event oder in diesem Rahmen auf die israelische Performance verüben“, warnte Holmlund.

Säpo werde nicht zuletzt dafür Sorgen tragen müssen, pro-israelische Gruppen oder auch die jüdische Gemeinschaft in Malmö zu schützen.

Nicht überraschend sei in diesem Kontext auch, dass Medienberichten zufolge der israelische Geheimdienst Shin Bet vor Ort sei und Ratschläge für die Sicherheit Eden Golans gebe.

Ich weiß, dass in Schweden radikale Gruppen professioneller und gewaltbereiter aufgestellt sind, aber ein fucking Geheimdienst?

Der ESC sei jene Art von Veranstaltung, die Aufmerksamkeit auf sich und öffentlichkeitswirksame Proteste aller Art anziehe. „Ich bin dieser Hinsicht ziemlich besorgt“, räumte Holmlund ein.

Koranverbrennungen hatten bereits vor der Schweden-Wahl 2022 und im Ringen um Schwedens Nato-Beitritt hatten derartige Aktion für Aufsehen gesorgt – im Ausland auch für Ausschreitungen. „Wenn sich nun viele Leute mit Sorge über die Entwicklung in Gaza versammeln, auch Kritiker von Israels Politik, und eine Koranverbrennung hinzukommt, dann kann das auch einen Einfluss auf die Teilnehmer der hoffentlich friedlichen Proteste habe“, warnte Holmlund: Das könne „alles andere als beruhigend“ wirken.

Allein für Donnerstag (9. Mai) sind laut Aftonbladet je eine pro-israelische und eine propalästinensische Demo in Malmö geplant.

Holmlund riet dazu, Genehmigungen für Koranverbrennungen nur für Orte abseits des ESC- und Demonstrationsgeschehens zu erteilen.

Am Freitag inszenierten die Organisatoren ihre Verbrennungs-Aktion allerdings auf dem zentralen Gustavs-Adolfs-Torg.

Zuletzt hatte Schwedens Regierung auch eindringlich vor Gefahren und Einflussnahme aus Russland gewarnt. Mit offenem Auftreten von staatlichen Störern aus dem Ausland rechnet der Experte zwar nicht.

Allerdings sei Russland gut darin, „Proxys“, „Stellvertreter“, zu nutzen. Frühere Koranverbrennungen etwa könnten „von einem anderen Land orchestriert worden“ sein, deutete Holmlund an.

Es ist zwar möglich, dass sowas passiert, aber für mich hat das so einen negativen Beigeschmack von „wir bauen jetzt schon mal das Narrativ von russischer Einflussnahme auf, um im Nachhinein die Demonstranten als bezahlt darzustellen“

Desinformationskampagnen hätten die Stimmung – auch zwischen Muslimen und dem schwedischen Staat – zudem bereits angeheizt.

Gut, das wäre auch so passiert, wenn man sich anschaut wie die Polizei so mit Demonstranten umgeht

All das kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Schweden ohnehin in Terrorsorgen steckt. Im August habe die Polizei die Gefährdungsstufe auf einer Skala von 1 bis 5 auf eine „4“ erhöht, damals hätten die Sicherheitsdienste bemerkt, „dass etwas im Gange ist“, sagte Holmlund Merkur.de.

Kurz vor dem ESC taxiert er die Gefahr auf besagter Skala auf eine „3,99“ Erst kürzlich seien in Berlin zwei Personen festgenommen worden, die wohl einen Anschlag auf das schwedische Parlament planten.

Der Sicherheitsexperte brach trotz aller Sorgen eine Lanze für die Meinungsfreiheit. Angesichts kleiner radikaler Gruppen Proteste per se zu unterbinden, sei der falsche Weg, betonte Holmlund. „Wenn es dabei um 500 von 100.000 Demonstranten geht, dann würde das bedeuten, dass ein kleiner Bruchteil eine riesige Auswirkung auf all die anderen hat – und auf ihren völlig legitimen Anspruch, ihre Meinung zum Thema kundzutun.“

Die Aufregung und Sorge treibt indes erste Blüten: Der „Moriska Paviljong“ ein Veranstaltungort im architektonischen Stile eines nordafrikanischen Gebäudes, hat seine Rolle als Ort des offiziellen ESC-Fanfests abgegeben: Bei Gefahrenlage könne das gesamte Areal kurzfristig gesperrt werden, hieß es – Personalkosten und Künstlergagen ließen sich in diesem Fall nicht refinanzieren. Eine Gefahr für den eigenen Fortbestand, befanden die Betreiber.

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