this post was submitted on 30 Jul 2025
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Ich würde gerne wissen, was der Anfang der ganzen Einsamkeit ist. Ich lese oft, dass sich Menschen gerne zurückziehen, lieber an der Scan-Kasse bezahlen, weil sie nicht mit einem Menschen interagieren wollen. Ist das eine Ursache oder schon eine Konsequenz von etwas anderem?
Mal eine steile Hypothese: Unsere Freiheit macht uns einsam.
Die Produktpalette, was ich mir heute kaufen kann, ist breiter denn je. Das Wissen, auf das ich einfach Zugriff habe, ist breiter denn je. Es gibt mehr Hobbies denn je. Dadurch hat jeder einzelne viel mehr Möglichkeiten seine Freizeit so zu gestalten wie man will. Ich kann mich einem Nischenhobby widmen, das nur ganz Wenige quer über die Welt verstreut interessiert. Die Nebenwirkung ist aber halt, dass ich mit niemandem in meinem direkten Umfeld darüber reden kann.
Beispiel: Früher war sowas wie "Wetten dass" ein Fernsehevent was fast jeder gesehen hat. Es war eine geteilte Erfahrung und sowas verbindet. Heute hat man viel mehr Auswahl aber dadurch auch seltener so verbindende geteilte Erfahrungen. Gerade mal gegoogelt, offenbar ist "Klein gegen Groß" eine der Top-Shows. Hab ich noch nie gesehen und auch noch nie jemanden drüber Reden hören.
Da ist was dran.
Meine Theorie:
Faktor 1
Man kann alleine sehr einfach Spaß haben, ohne dabei Kompromisse machen zu müssen. Netflix, Gaming etc.
Faktor 2:
Besonders bei Männern ist es sehr angesehen, autonom zu sein. Verantwortung für sich selbst übernehmen, die eigenen Probleme lösen können, alles alleine aushalten, auf niemanden angewiesen sein. Das sind zwar grundsätzlich gute Eigenschaften. Aber es lässt soziale Fähigkeiten verkümmern. Sich austauschen, sich gegenseitig stützen, um Hilfe bitten, gemeinsam trauern, sich in den Arm nehmen.
Faktor 3:
Personalisierung und Notifications. Wir werden daran gewöhnt, dass wir aus Vorschlägen auswählen können. Wir müssen immer seltener selbst die Initiative ergreifen. Stattdessen wird uns immer etwas angeboten. Wir brauchen Langeweile um uns darüber klar zu werden, was wir wirklich brauchen und wollen. Aber Langeweile gibt es nicht mehr.
Apps und Personalisierte Vorschläge weisen uns auch nicht zurück. Viele haben große Angst vor Zurückweisung. Das macht es zusätzlich schwer, auf andere Menschen zuzugehen.
Faktor 4:
Kompromisslosigkeit. Wer immer die Auswahl hat, swiped einfach weiter, wenn etwas stört. Man verlernt es, Dinge auszuhalten. Stattdessen geht man weiter zur nächsten Option. Menschen sind nicht perfekt und passen nicht perfekt zueinander. Das muss man aushalten.
Faktor 5:
Beziehungen sind Arbeit. Man lernt in der Jugend nicht, dass man diese Arbeit aktiv machen muss. In den anderen Faktoren stecken unendlich viele Dinge, mit denen man seine Zeit verbringen kann und die Spaß machen. In der Schule oder Uni sieht man sich sowieso. Man muss das nicht jedes Mal organisieren. Später hat man volle Tage (Arbeit, Streaming, Handy, Familie, Kinder). Wenn man dann nicht aktiv daran arbeitet, seine Freundschaften zu erhalten, versanden sie. Man bekommt auch keine Notifications, wenn man den Kontakt zu seinen Freunden verliert.
Faktor 6:
Corona. In der Coronazeit haben sich diese Probleme richtig gut setzen können. Man hat sich an Einsamkeit gewöhnt, den Kontakt verloren, den Verein verlassen etc. Es ist viel anstrengender, neue Kontakte aufzubauen als alte zu erhalten. Dazu hat es einfach viel Kraft gekostet. Viele junge Leute haben es nie gelernt, neue Kontakte aufzubauen. Andere sind umgezogen und konnten in der neuen Stadt/Uni/Job erstmal nicht aus dem Haus gehen.
Ist das was dran? Fehlt was, habe ich was übersehen?
Was mir einfällt ist, dass die steigende berufliche Spezialisierung eine hohe Mobilität erfordert: je höher du qualifiziert bist, desto eher musst du für einen Jobwechsel umziehen, womöglich noch in ein anderes Land. Und dann fängst du sozial meist von Vorne an.
Ich habe mir nach Umzügen zwei mal ein neues privates Umfeld geschaffen. Das ist eine Fähigkeit, die manche haben und manche nicht. Gehe ich alleine aus dem Haus, spreche ich Leute an, dränge ich mich auch mal auf, um einen Fuß in die Tür zu bekommen?
Dazu kommt eine gewisse Offenheit. Mache ich in zwischenmenschlichen Situationen die Schotten dicht, oder lasse ich Menschen auch mal am mich ran?