this post was submitted on 25 Jul 2025
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Ich verweise zurück auf die Einbahnstraße der öffentlichen Mittel hin zu privaten Mitteln und die durch private Kapitalkonzentration erzeugte strukturelle Ungleichheit. Da die wachsende Ungleichheit von Besitzenden und Nicht-Besitzenden allein auf privater Kapitalkonzentration basiert, kann sie auch nur durch Rückbau dieser Konzentrationen angegangen werden - also durch Steuersätze jenseits der 100%, oder eben Vermögenssteuern (am Anfang der Kommentarkette wurde das irgendwo als "Milliardärsverbot" beschrieben).
Das wäre zumindest die/eine reformistisch sozialistische Herangehensweise - ein traditionell revolutionistischer Marxist würde als Problemlösung eher das Gewehr empfehlen. Aber nimmt man einem reichen Menschen den unverdienten Reichtum, bleibt immer noch ein Mensch, und der ist an sich so unproblematisch und schützenswert wie alle anderen Menschen.
Um den Post noch ein bisschen länger zu machen: Genossenschaften bitte nicht missverstehen - dort gibt es (im Gegensatz zu Kommandit-, Aktien- oder anderen Kapitalgesellschaften) keine "Arbeitnehmer-Mitbestimmung" sondern ausschließlich eine Bestimmung durch die Mitarbeitenden, die allesamt Eigentümer sind. Die Verantwortung über die Geschicke des Unternehmens rechtfertigt sich aus der Arbeit, die man verrichtet, nicht aus dem Kapital, über das man verfügt. Üblicherweise heißt das dann "Ein Mitglied, eine Stimme."
Im Gegensatz dazu treffen bei öffentlich-gehandelten privatwirtschaftlichen Unternehmen zum Beispiel die Aktionäre diese Entscheidungen, bei nicht gehandelten die Privateigentümer. In beiden Fällen bestimmt der Besitz über die Kontrolle, nicht die Arbeit. Dass vielleicht noch ein Personalrat an einzelnen, fest definierten Stellen "mitbestimmen" darf, ändert diesen Umstand leider nicht.
Ich verstehe schon was Genossenschaften sind, danke. Nur wäre das eben Bestimmung der Genossen und nicht der Allgemeinheit. Kein Plan, warum jetzt bei Amazon arbeitende, ein höheres Anrecht auf das Vermögen von Amazon haben was andere bei Amazon arbeitende laut dir erarbeitet haben.
Du willst keine Konzentration in privater Hand weil du das nicht willst. Die demokratische Mitbestimmung durch Rahmensetzung und Gesetze reicht dir also nicht aus. Du willst die Substanz des Unternehmens abschmelzen um damit irgendwas zu tun, was du trotz Steuern und Schulden und GeldDruckenKönnen nur so kannst.
Leuchtet mir nicht ein was das sein soll.
Richtig, für letzteres würde kein Weg an der Verstaatlichung vorbeiführen.
Wenn das alles bis jetzt nicht einleuchtend ist, bin ich einfach nicht sehr gut im Erklären 🤷
Aber wenn du die Geduld hast, kann ich es auch noch einmal andersherum versuchen:
Mir gehört ein Feld, dir nicht, das ist kein Problem. Ich nehme an, du würdest nach wie vor zustimmen, korrekt?
Naja mir leuchtet ein dass du den Einfluss in private Hand nicht gut findest du kannst mir aber auch nicht sagen was mit diesem Einfluss getan werden soll was der Staat nicht schon tun könnte.
Ja, damit habe ich nach wie vor kein Problem. Und da wir den theoretischen Fall des Menschen der alle Felder der Welt besitzt nicht haben habe ich auch kein Problem mit anderen Menschen, die Felder besitzen.
Da du Einfluss mit dem Kapital gleichsetzt, verstehen wir uns bereits im wichtigsten Punkt.
Die Größe meines Feldes bestimmt mein Maß an Einfluss auf gesamtgesellschaftliche Entscheidungen - das ist allerdings eine fließende Skala und beginnt leider nicht erst beim Monopol.
Gleichzeitig bestimmt sie meine Fähigkeit, mehr und größere Felder zu erwerben - wenn du also gar kein Feld hast und dein Einfluss auf die Welt um dich herum bereits jetzt unscheinbar gering ist, kann das auch mit der Zeit nicht besser werden. Unsere leidig unterfinanzierte bpb fasst das zusammen als "Freiheit ohne Gleichheit behindert die Freiheit all derer, die über weniger Ressourcen, ungleiche Chancen oder keine Privilegien verfügen".
Der Glaube, dass staatliche Gewalt (noch) etwas für mehr Gleichheit tun könnte, verbindet uns, sonst würde ich hier nicht mit dir über mögliche Gesetzgebungen reden. Dass bisher allerdings über die gesamte Existenz der Bundesrepublik hinweg nichts gehaltvolles passiert ist, sollte daran ersichtlich sein, dass die mit den jeweils wenigsten und die mit den jeweils meisten Ressourcen, Chancen und Privilegien sich eben nicht einander annähren, sondern die Entwicklung gegenteilig ist.
Das mag der springende Punkt sein. Gleichheit herzustellen ist einfach nicht Aufgabe unseres Staates. Wir haben und hatten immer unterschiedliche Chancen (angefangen bei Intelligenz über Kontakte, priviligiertes Elternhaus) und unterschiedliche Ressourcen (Geld, (Restlebens-)zeit, Ausdauer). Wir einigen uns hier auf einen Mindeststandard und ermöglichen alle eine würdevolle Existenz. Dass die nicht bei der Tafel in der Schlange stattfindet, logisch. Aber
Dir scheint die Ungleichheit an sich ein Dorn im Auge zu sein. Mir nicht. Über die Konsequenzen, wenn wir sie denn attribuieren, benennen und objektiv nachvollziehen können, können wir uns gerne unterhalten.
Wenn wir beide unter diesen Bedingungen gesamtgesellschaftliche Entscheidungen beeinflussen möchten, steht das Gewicht deiner Stimme, deiner Meinung, deiner Bedürfnisse in direkter Abhängigkeit zur Größe deines Feldes. Wenn du keins hast, ich aber schon, werde ich tendenziell meine Interessen gegenüber deinen durchsetzen, egal was du sagst oder brauchst.
Gleichheit ist deshalb eine anteilige Voraussetzung einer demokratischen Grundordnung, eine bloße würdevolle Existenz oder "Abmilderung" ist nicht hinreichend. Man kann sich mit struktureller Ungleichheit abfinden, aber mir wäre nicht ersichtlich, warum man sich dann alle vier Jahre die Mühe machen muss, Millionen von Stimmen einzusammeln und auszuzählen, wenn man auch genau so gut das größte Werbe- und Lobbyingbudget direkt nach dem gesellschaftlichen Kurs fragen könnte. Das ganze System funktioniert nur, wenn man eine dicke Mittelklasse und wenig darüber und darunter hat, damit niemand übervorteilt werden kann.
Wenn also Herstellung und Aufrechterhaltung einer relativen sozialen Gleichheit nicht eine selbstverständliche Selbsterhaltungsmaßnahme eines demokratischen Systems sind, schafft es sich bei hinreichender Schlagseite der Machtverteilung notgedrungen Schritt für Schritt selbst ab. Abhängig davon, wen du fragst, ist das einfach nur eine konstante Gefahr, steht noch bevor oder ist schon längst passiert.
Oder natürlich du irrst dich in der Tür, bekommst ein Augenrollen und wirst auf russisch angepöbelt, dass doch eine Demokratie schon auf dem Papier nur Puppentheater und damit von Anfang an ein Rohrkrepierer sei - aber wie gesagt, wenn man das glaubt, löst man strukturelle Ungleichheiten nicht auf parlamentarischem Wege.
Wann und wo war das deiner Meinung nach jemals der Fall?
Meiner Meinung nach war das bisher noch nicht der Fall. Und was denkst du?
Dann kann das System ja noch nie funktioniert haben. Das halte ich für falsch, es funktioniert im großen und ganzen ganz gut. Die meisten Probleme unserer Zeit haben mit unterschiedlichen Ansichten und nicht mit ungleich verteiltem Vermögen zu tun.
Ich will mich so gern überzeugen lassen, dass es so wäre. Aber ich kann mir nicht herleiten, nach welcher Metrik du auf "im großen und ganzen ganz gut" kommst. Wenn ein System 1. sich darüber definiert, alle Gewalt vom Volke ausgehen zu lassen, 2. sich reale politische und gesellschaftliche Einflussnahme aber über Besitzverteilung und Abhängigkeitsverhältnisse grundverschiedener Klassen ergibt 3. sich diese strukturellen Ungleichheiten Jahrzehnt um Jahrzehnt auch noch nachweislich verschärfen - stellt das dann nicht ein ganz objektives Versagen dieses Systems dar? Und wenn nicht, woran würdest du ein Funktionieren oder Versagen des Systems sonst festmachen?
Was würdest du sagen bedeutet das im Kontext dieses Threads?
Du argumentierst hier tautologisch. Das System sei schlecht weil Ungleichheit existiert. Dem Folge ich nicht. Wir haben im langen historischen Trend weniger absolute Armut, steigenden Lebensstandard, weniger Krieg, höhere Bildung. Niemand muss hungern. Alle Probleme die wir haben, gibt es in Zwangsgleichen Systemen genau so und schlimmeres.
Das System ist auf dem Papier super! Ist halt leider nicht umgesetzt, wie es in der Anleitung steht. Das angedachte System setzt relative Gleichheit voraus > diese existiert nicht > das System funktioniert nicht wie angedacht. Das ist eine simple Funktionsprüfung. Wo siehst du die Tautologie?
Wenn die Meinung und Bedürfnisse aller nicht ungefähr das gleiche Gewicht haben, ist man halt kein Teil einer großen Volkssouveränität, sondern lebt fremdbestimmt durch den Teil des Volkes, der etwas souveräner ist als die anderen. Wenn man das möchte, kann man das auch machen, aber einerseits gibt es keinen rationalen Grund für Übervorteilte, das zu möchten, und andererseits kann man sich dann wie gesagt die Wahlen auch gleich sparen - denn was auch immer man dann hat, eine Demokratie ist es per Definition nicht mehr, oder?
Für Deutschland, einem der Gewinner der globalen Klassenlotterie, würde ich zustimmen. Ich freue mich sicher genau so über positive historische Trends wie du, aber was hat das mit Gleichheit und Ungleichheit zu tun?
Wie bereits geschrieben denke ich nicht, dass es jemals eine Umsetzung gab. Welche "zwangsgleichen" Demokratien würdest du denn als Vergleich heranziehen?
Das hat mit Gleichheit insofern etwas zu tun, als das Ungleichheit nicht grundsätzlich ein Problem ist. Ich habe nicht auf einmal kein Dach mehr über Kopf, weil Jeff Bezos ne zweite Yacht kauft.
Wenn sich zwei Menschen in Yacht- und Dachfragen (warum auch immer) einig sind, wunderbar, Harmonie!
Wenn nicht, würdest du eher die Yacht oder dein Dach in Gefahr sehen? Oder anders gefragt, wenn du deine Vorstellungen und Bedürfnisse im Bezug auf z.B. lebenswürdige Mindeststandards in den politischen Diskurs, tatsächliche Rechtsprechung und letztendlich soziale Realität einbringen möchtest, ein Jeff seine gegenteiligen Vorstellungen und Bedürfniss aber auch, wer von euch beiden definiert den gesellschaftlichen Kurs dann am Ende um welche Größenordnungen mehr: Die mutmaßlich wahlberechtigte und möglicherweise betroffene Einzelperson oder die Einzelperson mit dem richtig großen Acker?
Und viel wichtiger: Warum sollte die jeweils andere Person das zulassen wollen?