Wehrhafte Demokratie

825 readers
1 users here now

Demokratie ist leider nicht selbstverständlich. Diese Community ist für alle, die bereit sind liberale Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit zu verteidigen und um die im Laufe der Geschichte gefallenen Helden zu würdigen. Schwurbler, Monarchisten, Nazis, Tankies und andere Fans von Autokratischen Systemen oder Personen, die den Begriff „Demokratie“ beschmutzen sind nicht erwünscht.

Lemmy-Zweigstelle von r/WehrhafteDemokratie

Schwestercommunities:

!antifayoutube@feddit.de

!wehrhaftesaustria@feddit.de

founded 2 years ago
MODERATORS
301
 
 

In der Nacht zu Dienstag ist eine Lagerhalle mit Fitnessgeräten in Halle abgebrannt. Die Ursache für den Brand ist unklar. Nach MDR Investigativ-Recherchen handelt es sich um das geplante Kampfsportgym "Gladiator Fight Academy" von Kampfsportlern aus dem rechtsextremen Hooligan-Milieu.

Tragisch.

Die Polizei Halle bestätigte, dass dort in nächster Zeit ein Fitness- und Kampfsportstudio entstehen sollte. In der 20 mal 30 Meter großen Halle seien Fitnessgeräte gelagert worden. Nach ersten Schätzungen wird von einer Schadenssumme in Höhe von circa 250.000 Euro ausgegangen.

Wie eine Polizeisprecherin MDR SACHSEN-ANHALT sagte, stand das Gebäude im Kanenaer Weg beim Eintreffen bereits voll in Flammen. Das Feuer habe auch einen geparkten Lkw sowie einen angrenzenden Billardclub beschädigt. Die Brandursache sei noch unklar.

Verschiedenen Medienberichten zufolge hatte die Feuerwehr Probleme mit der Löschwasserversorgung.

So eine Schande.

Aus einem Hydranten in der Delitzscher Straße wurde deshalb Löschwasser angezapft und mit Tanklöschfahrzeugen zur Einsatzstelle gebracht.

Die Polizei teilte mit, sie habe die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen und ermittele in alle Richtungen.

Nach MDR-Investigativ-Informationen sollte das Training des neuen Sportclubs ab April in einem Gebäude in der Nähe des Hauptbahnhofs starten. Das wird jetzt nicht mehr möglich sein.

Schade.

Das Innenministerium Sachsen-Anhalt hatte dem MDR zuvor bestätigt, dass die geplante Eröffnung der Polizeiinspektion Halle bekannt war.

Die Landespolizei könne hinsichtlich der möglichen Bedeutung des Clubs für die rechtsextreme Kampfsport-Szene aktuell keine valide Einschätzung vornehmen.

Überraschend.

Nach Recherchen von MDR Investigativ gehören zu dem Initiatorenkreis des geplanten Kampfsportzentrums unter anderem der rechtsextreme Kampfsportler Theo W. und der aus der Neonazi-Hooligan-Szene stammende Kämpfer Christopher H. Die zukünftigen Betreiber äußerten sich auf Anfrage von MDR Investigativ nicht.

Theo W. ist ein bundesweit vernetzter Rechtsextremist, der jahrelang als Kindertrainer und Kämpfer beim Kampfsportclub "La Familia Halle" aktiv war. 2021 wurde er wegen seiner Beteiligung bei Angriffen der Thüringer Neonazi-Hooligan-Gruppe "Jungsturm" auf gegnerische Fußballfans zu einer Haftstrafe verurteilt.

Man könnte ihn also als Mitglied eines gewaltbereiten Familienclans bezeichnen?

Nach MDR-Investigativ-Informationen pflegte er bundesweit enge Kontakte zu anderen Hooligan-Gruppen und in das Geschäftsumfeld der Neonazi-Gruppierung "Kampfgemeinschaft" aus Cottbus.

Wieso sind diese Namen alle so unfassbar unkreativ?

Christopher H. aus dem Umfeld der mittlerweile aufgelösten rechtsextremen Ultra-Gruppierung "Scenario Lok" trat jahrelang sowohl für das aus der Neonazi-Hooligan-Szene hervorgegangene Leipziger "Imperium Fight Team" als auch für "La Familia Halle" an.

Der Kampfsportler wurde 2020 wegen seiner Beteiligung an dem brutalen Angriff rechtsextremer Hooligans auf den Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar 2016 wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall zu einer einjährigen Freiheitsstrafe mit zwei Jahren Bewährung verurteilt.

Ebenfalls zum Team der Initiatoren soll nach Recherchen von MDR Investigativ der Kampfsportler Hans K. gehören. K. trat bisher als Kämpfer sowohl für "La Familia Halle" als auch für den Verein "Kickbox Team Cottbus 09 e.V." an, das in der Vergangenheit ebenso wie "La Familia Halle" immer wieder durch Verbindungen von Kämpfern in die Neonaziszene auffiel. Im Dezember 2023 trat K. bereits unter dem Label Gladiator bei einer Kampfsportveranstaltung in Berlin an.

Valentin Hacken von "Halle gegen Rechts" sagte MDR Investigativ: "Mit der angekündigten Eröffnung steht zu befürchten, dass hier ein Trainingsort für militante Neonazis entstehen könnte. Damit könnte auch die in Halle schwach organisierte Neonaziszene gestärkt werden."

Scheint, als ob sich das fürs erste erledigt hätte.

302
 
 

Die größte Parteispende der AfD kommt vom hessischen Bauingenieur Hartmut Issmer. Wer ist der „kleine Millionär“ aus Erlensee?

Hartmut Issmer betreibt ein Ingenieursbüro in Erlensee im Main-Kinzig-Kreis. Das Unternehmen, in dem er drei Mitarbeiter beschäftigt, hat ihn zu einem, nach eigenen Angaben „kleinen Millionär“ gemacht. Er besitzt außerdem mehrere Immobilien.

Dem Hanauer Anzeiger erzählte Issmer, er „kenne [Björn] Höcke persönlich“. Der Vorsitzende der AfD Thüringen, der laut eines Gerichtsurteils als Faschist bezeichnet werden darf, habe in Issmers Haus in Weimar „schon mal eine Versammlung [abgehalten].“

Bereits 2019 trat Issmer mit seiner politischen Gesinnung an die Öffentlichkeit. Er hielt damals auf dem Frankfurter Opernplatz eine Kundgebung ab. Unter dem Motto „Patrioten für Deutschland“ sprach er von einem mit Deutschlandflaggen und in den Farben der Reichsflagge geschmückten Anhänger zu einer handvoll Gleichgesinnten. Issmer warf damals den „Globalisten“ vor, die Absicht zu verfolgen, eine „afro-eurasische Mischrasse“ zu züchten.

Als Redner hatte der hessische Bauunternehmer überschaubaren Erfolg. Ebenso scheiterte er bei dem Versuch, in Hessen eine Radiolizenz zu erwerben.

Das Verwaltungsgericht in Weimar hingegen verpflichtete den Staat Thüringen 2020 schließlich zur Zulassung von Issmers landesweitem Hörfunkprogramm „Radio Rosamunde“.

Mit Hartmut Issmers sechsstelliger Parteispende wird nun ein weiterer messbarer Pegel beim anhaltenden Erstarken rechter und mutmaßlich rechtsextremer politischer Strömungen in Deutschland überschritten.

Die AfD-Spende aus Hessen war bis zur CDU-Spende von Christoph Alexander Kahl im Dezember 2023 die größte Spende einer Einzelperson an eine im Bundestag vertretene Partei.

303
304
 
 

geteilt von: https://feddit.de/post/10376958

Cross-posted from: https://feddit.de/post/10376907

China is increasingly targeting people outside its borders in a tactic known as transnational repression, which aims to stifle debate or criticism.

Steve Tsang, the director of the Soas China Institute, says Chinese student protesters in the UK have long been photographed and monitored, but the practice “may well” have increased with newer surveillance technology.

Students say their families in China have also been threatened by local authorities, warning them to stop engaging in political activities overseas.

305
 
 

Gerechtere Bildungschancen für die Jungen, bessere Pflege für die Alten. Das sind Themen, mit denen sich Kathrin Anders, Landtagsabgeordnete der Grünen, gerne beschäftigen möchte.

Doch immer wieder wird die Arbeit der 41-Jährigen aus Bad Vilbel (Wetterau) unterbrochen - vom Ärger über Drohschreiben, einer eingeschlagenen Scheibe an der Gartenhütte oder dem zerkratzten Auto.

"Da fühlt man sich sehr ohnmächtig", sagt Anders im Interview mit dem hr, "gerade, wenn man Kinder hat." Es schüchtere ein, dass so etwas vor der eigenen Haustür passieren könne.

"In den Wahlkämpfen passiert das regelmäßig", sagt Anders. Auch Ehrenamtliche in der Kommunalpolitik seien zunehmend Anfeindungen ausgesetzt.

Manche zögen sich dann zurück, zuerst aus den sozialen Medien, manchmal sogar aus einem Gremium wie einer Stadtverordnetenversammlung. "Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie, und das entscheidet sich natürlich auch vor Ort", sagt die Landeschefin der hessischen Grünen.

Zahlen des Landeskriminalamts (LKA), die dem hr exklusiv vorliegen, zeigen: 2023, im Jahr der Landtagswahl, gab es einen neuen Höchststand: 86 gemeldete Angriffe auf Parteirepräsentanten der Grünen, darunter 72 sogenannte "Äußerungsdelikte" - also beispielsweise Bedrohung, Beleidigung, Nötigung und Verleumdung.

Zudem wurden 29 Wahlplakate der Grünen beschmiert oder zerstört, sechsmal richtete sich der Angriff auf ein Parteibüro. Die Grünen führen damit die traurige Statistik an.

Auch die Alternative für Deutschland (AfD) bleibt von Attacken nicht verschont. Insgesamt 44 Angriffe verzeichnen die LKA-Zahlen für 2023. Aber anders als bei den Grünen sind darunter auch fünf Gewaltdelikte wie Körperverletzung oder Landfriedensbruch.

In dieser Kategorie ist die AfD Spitzenreiter - worauf die Partei gerne verzichtet hätte. Dazu 75 beschädigte Wahlplakate und zwei Angriffe auf Parteieinrichtungen.

Insgesamt registrierte das LKA im vergangenen Jahr 192 Angriffe auf politische Repräsentanten der im Landtag vertretenen Parteien. Im Jahr 2019 hatte diese Zahl bei gerade einmal 21 gelegen.

Der Co-Landesvorsitzende der AfD, Andreas Lichert, kann von Schmierereien, zerkratzten Autos und eingeworfenen Scheiben berichten. Auch sein Wohnhaus wurde bereits von mehreren Personen und verschiedenen Seiten mit Farbe und Steinen attackiert. Wer Gewalt gegen Personen oder Sachen verübe, der verlasse den Boden demokratischer Legitimation.

Sagt der Typ, der Vorsitzender eines rechtsextremen Vereins war, der IB eine seiner Immobilien zur Verfügung stellte, zum „Flügel“ gehörte und Antisemitische Codes verwendet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Lichert

Die Hemmschwelle sei im linken Spektrum gesunken, Angriffe auf die AfD aus Licherts Sicht die logische Folge. "Man setzt sich leider heutzutage in Deutschland einem gewissen Risiko aus, wenn man sich demokratisch für die AfD engagiert", meint Lichert.

Das ist ein Oxymoron.

Sorgen um zu wenig politischen Nachwuchs macht sich der AfD-Chef aber nicht. Bei einigen sei vielmehr eine "Jetzt-erst-Recht-Reaktion" zu beobachten.

Was die Zahlen des LKA auch zeigen: In Wahljahren gibt es mehr Angriffe. Das war nicht nur 2023 so, sondern auch schon zwei Jahre vorher im Jahr der Bundestagswahl. Damals war die CDU am häufigsten betroffen, 72 der insgesamt 139 Angriffe richteten sich gegen Politikerinnen und Politiker der Christdemokraten.

Für Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) eine gefährliche Entwicklung. Ob sich die Angriffe gegen vermeintlich linke oder rechte Politiker richten, dürfe dabei überhaupt keine Rolle spielen. "Straftaten sind kein legitimes Mittel in einer Demokratie, und das gilt in alle Richtungen." Zwar halte er die AfD für radikal und hochgefährlich.

"Aber das müssen wir mit den Mitteln der Demokratie, mit friedlichen Mitteln austragen", sagt Poseck im Gespräch mit dem hr.

Aber woher kommt die Aggression? Poseck sieht Gründe im gesellschaftlichen Wandel. "Die Zündschnur ist bei vielen kürzer", das habe sich schon in der Corona-Zeit gezeigt und wirke leider fort.

Für den Extremismusforscher Rainer Becker von der Uni Marburg ein "markantes Problem, das wir sehr, sehr ernst nehmen müssen". Wenn sich beispielsweise aufgrund der Anfeindungen immer weniger Menschen ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagieren wollten, sei das eine ernste Gefahr für die Demokratie.

Aus Beckers Sicht ist nicht überraschend, dass vor allem die Grünen betroffen sind. Sie seien zuletzt als Feindbild und Sündenbock für den gesellschaftlichen Wandel stilisiert worden. "Die Grünen stehen für einen bestimmten Lebensstil", sagt Becker. Die sozialen Medien lüden zudem stark dazu ein, schnell und emotional Anfeindungen auszusprechen.

Was also tun? Die Polizei sei doppelt gefordert, sagt Innenminister Poseck. Bei Prävention und Strafverfolgung. Werden Politikerinnen und Politiker bedroht, können sie sich an die Polizei wenden und beraten lassen.

Ich wünsche mir diesen Optimismus.

Je nach Einschätzung der Gefahr könnten dann sogar Wohnungen oder Personen geschützt werden, so Poseck.

Dem pflichtet auch Wissenschaftler Becker bei. Wer bedroht werde, solle sich Unterstützung holen - von Polizei oder dem Hessischen Demokratiezentrum. "Das Schlechteste wäre es, es zu ignorieren", so Becker.

Komme es dennoch zu Angriffen, sei konsequente Strafverfolgung das oberste Gebot, sagt Minister Poseck. Das befolge die hessische Polizei auch - und zwar politisch unabhängig und ideologiefrei.

„Ideologiefrei“

"Es werden alle Straftaten verfolgt. Egal, ob sie sich gegen links stehende oder rechts stehende oder andere Parteien oder Gruppierungen richten."

Leider müssen die gegen Linke dann nach ganz schnell eingestellt werden

Doch die Politik habe eine Aufgabe: "Wir müssen den demokratischen Diskurs wieder verändern", sagt Poseck und spricht von "verbal abrüsten". Stärker das Argument in den Mittelpunkt stellen und weniger den politischen Gegner diffamieren, das sei ein Gebot der Stunde.

Da müssten sich zwar alle an die eigene Nase fassen. Aber Hass und Hetze würden nun mal besonders von rechtsextremen Kräften in die Debatte eingeworfen.

Daraus könnten Gewalttaten entstehen, deshalb müsse sich gerade an den politischen Rändern der Ton in der Debatte und der Umgang mit Politik erheblich ändern.

306
 
 

Damit folgt der Bundestag dem Vorschlag des Ältestenrats. Die Union und die AfD stimmten gegen den Beschluss. Der aber gilt erstmal nur vorläufig.

Der Bundestag hat Donnerstagnacht beschlossen, das Fragerecht der Linken und des BSW vorerst nicht zu beschränken. Die Mehrheit der Abgeordneten folgte damit einem Vorschlag des Ältestenrats; die Abgeordneten von CDU/CSU und AfD stimmten dagegen.

Nachdem zehn Abgeordnete der Linken vergangenen Oktober zum BSW gewechselt waren, verlor die Linke ihren Fraktionsstatus. Ihre 28 verbliebenen Abgeordneten organisierten sich als Gruppe neu, auch das BSW ist eine Gruppe.

Anfang Februar erkannte der Bundestag diesen Status und die damit verbundenen Rechte offiziell an. Das Fragerecht gegenüber der Regierung wurde damals auf zehn je Monat beschränkt, wogegen die Linke inzwischen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen ist.

Das Fragerecht einzuschränken, sei „eine wirklich armselige Methode der Ampel“ um ihre Partei daran zu hindern, „deren schlechte Politik aufzudecken“, sagte die Linken-Vorsitzende Janine Wissler der F.A.Z. im Februar.

Die Antworten auf Anfragen der Linken lieferten wichtige Zahlen, somit betreffe die Einschränkung auch Wohlfahrtsverbände, Nichtregierungsorganisationen, Flüchtlingsräte, Journalisten und Wissenschaftler.

Die Linksfraktion hatte von ihrem Fragerecht in der Vergangenheit intensiv Gebrauch gemacht. In der aktuellen Wahlperiode stellte sie bis Ende 2023 eigenen Angaben zufolge 966 Anfragen.

Jessica Tatti, die parlamentarische Geschäftsführerin des BSW, nannte es ein „echtes Unding“, dass die Auflösung der Linksfraktion dazu genutzt werde, dieses Oppositionsrecht zu beschneiden. Sie sprach von einer „unnötigen Gängelung der Opposition“.

Nachdem die Linke vor das Verfassungsgericht gezogen war, beschloss der Ältestenrat, die Regel bis zum Abschluss des Verfahrens nicht anzuwenden. Dieser Empfehlung folgte der Bundestag nun.

307
 
 

Eine blaue Welle hat der Rechtsextremist und Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer für 2024 angekündigt. Einen „Tsunami“ gar, um der AfD im Superwahljahr bei der „Entmachtung der Altparteien“ zu helfen.

Seit Oktober 2023 sammelte Elsässer mit seinem Magazin Spenden unter anderem für eine große mobile Bühne, mit der er in verschiedenen Städten Veranstaltungen mit AfD-Politiker*innen vor den Kommunal-, Europa- und den Landtagswahlen im Osten durchführen wollte.

90.000 Euro sollte die Technik kosten, die Hälfte will Elsässer schon eingesammelt haben, erste Termine mit AfD-Politikern waren bereits angekündigt.

Blöd nur, dass auch Sachleistungen wie das Überlassen von Veranstaltungstechnik in der Bundesrepublik als verdeckte Parteispende gelten können.

Seitdem die Linken-Abgeordnete Martina Renner auf die Elsässer-Kampagne aufmerksam gemacht hat, berichtete unter anderem das ARD-Magazin Kontraste, dass die AfD in Befürchtung des nächsten Parteispendenskandals vorsorglich rechtliche Schritte wie eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung gegen Elsässer prüfe und die Spenden entsprechend ablehnen wolle.

Tatsächlich führt die Bundestagsverwaltung eine „Sachverhaltsklärung“ durch, will währenddessen aber keine Auskünfte erteilen, wie es auf taz-Anfrage heißt.

Der taz liegt nun die rechtliche Einschätzung der AfD zum Fall vor – und die sieht nicht gut für Elsässer aus.

So schreibt Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß in einem Schreiben an Elsässer von einem „wesentlicher Ausschlussgrund“, der eine „Annahme“ verunmögliche: „Wenn Ihr Unternehmen selbst Spenden einsammelt, und diese Spenden dann gesammelt an unsere Partei zum Beispiel als Sachzuwendung in Form einer Bühne, Technik usw. weiterleiten möchte, gälten diese zusammengefassten Spenden automatisch als anonyme Zuwendungen von Dritten – was grundsätzlich nicht zulässig und potentiell strafzahlungsbewehrt wäre.“

Elsässer hatte zuvor den Bundesgeschäftsführer gebeten, die Mitglieder des Bundesvorstands darüber zu informieren, dass man die Veranstaltungsreihe des „Compact Magazins GmbH“ einfach als Großspende gegenüber der Bundestagspräsidentin anzeigen könne.

Die Partei müsse nichts bezahlen, wenn sie die Spende anzeige, schreibt Elsässer per Mail. Der Bundesvorstand hat am Montag darüber diskutiert – im entsprechenden Tagesordnungspunkt heißt es: „Wir müssen entweder von COMPACT die Unterlassung der Veranstaltungsreihe ‚Die Blaue Welle rollt‘ verlangen oder den Wert dieser Veranstaltungsreihe in Geld an die Bundestagspräsidentin abführen. Andernfalls droht uns eine Strafzahlung in dreifacher Höhe.“

Entsprechend will die Parteiführung Elsässer einen Korb erteilen: „Eine bloße Anzeige würde dann ausreichen, wenn wir die Spenden annehmen dürften. Das dürfen wir aber nicht, und zwar weil es sich erkennbar um die Weiterleitung von anonymen Spenden handelt“, heißt es vom „Stabsbereich Recht“ im AfD-Schreiben an Elsässer.

Allerdings bleibt die Frage, ob die AfD den Kopf rechtzeitig aus der Schlinge gezogen hat. Denn einige der Compact-Veranstaltungen waren bereits geplant, inklusive der Ankündigung von AfD-Prominenz.

Nach Bekanntwerden der möglichen Affäre um die mutmaßlich verdeckten Parteispenden sind die AfD-Politiker von den Veranstaltungsankündigungen klammheimlich wieder verschwunden.

Im brandenburgischen Velten sollten die ehemalige Landesvorsitzende Birgit Bessin und weitere AfD-Redner auftreten, im thüringischen Mühlhausen der Rechtsextremist Björn Höcke und der Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann.

Angemeldet war die dortige Veranstaltung laut „Endstation Rechts“ sogar als Parteiveranstaltung des AfD-Politikers Ronny Poppner.

Erschwerend kommt hinzu: Für die Veranstaltung am 30. März in Velten ist auch weiterhin das AfD-Mitglied Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein angekündigt.

Die hatte die AfD wegen zahlreicher rechtsextremer Verbindungen aus der Partei ausgeschlossen.

Ihr Ausschluss war allerdings unwirksam, weil die Partei ihr kein rechtliches Gehör einräumte: Kürzlich hat sich von Sayn-Wittgenstein erfolgreich wieder eingeklagt und gehört nun Alice Weidels Landesverband Baden-Württemberg an.

Compact wirbt nun in der Ankündigung damit, dass von Sayn-Wittgenstein nach „fünfjährigem Rechtskampf“ zurück „in den Reihen der Blauen“ sei und sie in Velten ihren ersten Auftritt haben werde.

Mit ihrer Teilnahme an der Elsässer-Veranstaltung zusammen mit dem ausgeschlossenen Ex-AfDler André Poggenburg sorgt sie nun für neuen Stress in der AfD.

Das Compact-Magazin ist schon seit langem ein wichtiger Resonanzraum und Multiplikator für die AfD. Elsässer macht großflächig Werbung für die Partei und bietet ihr auch publizistisch die größtmögliche Bühne – kritische oder professionelle Distanz Fehlanzeige.

Auf AfD-Parteitagen ist das Magazin häufig mit Ständen vertreten. Als der Müllermilch-Milliardär Theo Müller angibt mit Parteichefin Alice Weidel befreundet zu sein, macht Compact sogar Werbung für die klebrige Zuckermilch.

Geschmacklosigkeit hat Prinzip bei Compact: Das Magazin bemüht auch einen Führerkult um Höcke und verkauft im Compact-Shop Höcke-Silbertaler.

Die Kampagne um die braun-blaue Welle ist allerdings zum Problem geworden: Das von Compact angegebene Spendenkonto für die „Blaue Welle“ bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse hat die Bank mittlerweile gekündigt, ein Problem könnte dabei gewesen sein, dass mit dem indirekten Spendenaufruf für die AfD gegen den Kontozweck verstoßen worden sein soll, wie t-online berichtete.

Nach jahrelanger Kritik ist das seit 2021 als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte Magazin im Februar aus dem Bahnhofsbuchhandel verschwunden.

Es wäre nicht der erste Parteispendenskandal der AfD. Wegen illegaler Spenden musste die extrem rechte Partei bereits immense Strafzahlungen leisten: Neben einer millionenschweren anonymen Werbekampagne für die AfD gab es unter anderem Spendenskandale um den ehemaligen Parteivorsitzenden Jörg Meuthen sowie die aktuelle Parteichefin Alice Weidel.

308
 
 

Die saarländische AfD hat ihren für morgen geplanten Landesparteitag im Gersheimer Ortsteil Reinheim abgesagt.

In einem an die Mitglieder versandten Brief wird der Schritt unter anderem mit der von der Gemeinde Gersheim verschärften Parksituation rund um die Grenzlandhalle und der geplanten Gegendemonstration begründet.

Allerdings war unter der Woche auch der Kreisvorstand Saarpfalz, der dem Landesvorstand um Chef Carsten Becker kritisch gegenübersteht, gegen den Parteitag vorgegangen und vor das Bundesschiedsgericht gezogen, um ihn zu verhindern.

Hier sollte heute Vormittag eine Entscheidung gefällt werden. Der ist der Landesvorstand aber nun mit seiner Absage zuvorgekommen.

309
 
 

CDU-Chef Friedrich Merz beschwört für seine Partei auf kommunaler Ebene eine "Brandmauer" zur AfD. Nun stimmt der Dresdner Stadtrat mithilfe der CDU-Fraktion für einen Vorstoß der Rechtsaußen-Partei und beschließt die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende. Merz kündigt eine Untersuchung an.

Der Dresdner Stadtrat hat einem AfD-Antrag zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber zugestimmt - auch mit Stimmen der CDU-Fraktion. Das geht aus einer Aufzeichnung der Stadtratssitzung von Donnerstagabend hervor.

Dabei fiel die Entscheidung mit 33 zu 32 Stimmen knapp aus. Auch die Fraktionen von FDP und Freien Wählern unterstützten den Antrag.

Vor der Abstimmung hatte Thomas Lehmann von der CDU-Fraktion dargestellt, dass seine Fraktion den Antrag auch deshalb unterstütze, weil er befürchte, dass die Einführung einer geplanten bundesweiten Bezahlkarte sich noch lange hinziehen könne.

310
 
 

Die Beratungsstelle „Lobbi“ untersucht Gewalt von Rechts in Mecklenburg-Vorpommern. Neue Zahlen zeigen: Das Problem besteht weiterhin. Auch wer sich gegen Rechts engagiert, ist gefährdet.

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, „Lobbi“, verzeichnet für 2023 ein anhaltend hohes Niveau rechter Gewalt.

Es habe 113 rechtsmotivierte Attacken gegeben und damit eine weniger als im Vorjahr, teilte der Verein „Lobbi“ am Donnerstag mit. Dies sei die vierthöchste Angriffszahl seit Bestehen des Vereins (2001).

Von den Angriffen waren laut „Lobbi“ 155 Menschen betroffen. Dabei blieben potenziell von Rassismus Betroffene am meisten gefährdet, eine Zunahme sei jedoch auch bei vermeintlich politischen Gegnern der rechten Szene zu beobachten, hieß es.

Wie schon im Vorjahr seien mehr als ein Viertel der Angegriffenen Kinder oder Jugendliche gewesen.

Die meisten der von der „Lobbi“ als rechte Gewalt erfassten Delikte seien Körperverletzungen, hieß es. Für 2023 seien 52 einfache und 28 gefährliche Körperverletzungen registriert worden.

Zudem zähle „Lobbi“ auch Bedrohungen und Nötigungen als Gewalt, wenn die Betroffenen in deren Folge erheblich belastet sind. Dies sei 27 Mal der Fall gewesen.

Viermal seien zielgerichtete Sachbeschädigungen bekannt geworden, die für die Betroffenen ebenfalls massive Folgen gehabt hätten.

In einem Fall habe „Lobbi“ eine Messerattacke als versuchte Tötung und darüber hinaus einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr registriert, dahinter verberge sich eine potenziell lebensgefährliche Manipulation am Fahrzeug einer betroffenen Person.

Mit 68 Fällen seien fast zwei Drittel der Angriffe rassistisch motiviert gewesen. Die Zuspitzung von Diskursen um Migration mit rassistischen Narrativen und die Übernahme rechter Positionen ermächtige potenzielle Täter und Täterinnen, die sich als Vollstreckende einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung sähen, zur Tat zu schreiten. „Wo rassistische Mobilisierung unwidersprochen bleibt, nimmt schließlich auch die Gewalt zu“, hieß es von „Lobbi“.

Das Fehlen oder die Diskreditierung antirassistischer und antifaschistischer Positionierungen andererseits trage mit dazu bei, dass auch von der rechten Szene als politische Gegner wahrgenommene Menschen vermehrt zum Angriffsziel würden.

Hier sei im Jahr 2023 insgesamt eine Zunahme zu verzeichnen gewesen. „Lobbi“ zählte nach eigenen Angaben 17 Angriffe gegen politisch Aktive oder politische Verantwortungsträger und 13 Angriffe gegen Menschen, die von den Angreifenden „als nicht-rechts oder alternativ gelabelt wurden“.

„Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Einstehen für Demokratie und Vielfalt vielerorts für die Engagierten eine konkrete Gefährdung bedeuten kann und die rechte Szene auf den Plan ruft“, sagte, „Lobbi“-Mitarbeiter Robert Schiedewitz.

Insbesondere im ländlichen Raum benötigten die Menschen, die gegen Rechts aktiv werden und Gesicht zeigen, mehr Anerkennung und Unterstützung.

Eine zunehmende Rolle spielten auch Anfeindungen gegen queere Menschen. „Lobbi“ habe im Jahr 2023 von drei Angriffen auf LGBTIAQ+-Personen erfahren.

Ferner sei die Community zunehmend vielfältigen Einschüchterungsversuchen unterhalb der Gewaltschwelle ausgesetzt. „Homo- und Transfeindlichkeit sind ein Kernthema rechter Akteur:innen und queere Menschen wurden und werden von rechten Akteur:innen mehr und mehr zum Feindbild stilisiert“, sagte Schiedewitz.

Es sei besorgniserregend, „dass sie ihre Räume und Veranstaltungen zunehmend vor rechten Attacken schützen müssen“.

311
 
 

In Berlin sind zwei Männer von Jugendlichen angegriffen und beraubt worden. Die Polizei geht nach Angaben vom Donnerstag von einem politischen Hintergrund aus.

Die beiden 23 und 25 Jahre alten Männer wurden am Mittwoch in einem U-Bahnhof in Berlin-Mitte von zwei Jugendlichen zunächst gefragt, warum sie sich in einer anderen Sprache unterhielten. Dann nahmen die Angreifer beide unvermittelt in den Schwitzkasten.

Dabei riss ein Täter dem 23-Jährigen eine Halskette ab. Versuche, ihm auch einen Ohrring zu entreißen, scheiterten. Während des Angriffs sollen die Unbekannten antiisraelische Sprüche gerufen haben. Den Attackierten gelang es schließlich, sich zu befreien und in einen einfahrenden Zug zu retten.

Anschließend gingen sie zur Polizei. Der 25-Jährige klagte demnach über Schmerzen am Hals, eine ärztliche Versorgung war aber nicht erforderlich. Der polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamts Berlin übernahm die Ermittlungen.

312
 
 

Ein Dortmunder wird Opfer eines mutmaßlich rechten Angriffs, als er versucht einen Aufkleber zu entfernen. Die Polizei sucht nun nach einer korpulenten Frau und drei Männern, die den 47-Jährigen attackierten.

Am Dienstagabend ist ein 47-jähriger Dortmunder Opfer eines politisch motivierten Angriffs geworden. Der Mann sei gerade dabei gewesen, einen Aufkleber mit rechtem Gedankengut auf dem Dorstfelder Hellweg zu entfernen, als er von einer Frau angegriffen wurde, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Bei der körperlichen Auseinandersetzung sei der Mann leicht verletzt worden.

Die Frau war mit drei Männern unterwegs. Die Polizei sucht nun nach den vier Tatverdächtigen. Bei der mutmaßlichen Angreiferin soll es sich um eine korpulente Frau zwischen 25 und 30 Jahren mit schulterlangen, lockigen Haaren handeln.

Ein glatzköpfiger Mann soll etwa 60 Jahre alt sein und zur Tatzeit dunklen Kleidung getragen haben.

Die zwei weiteren Männer sollen wischen 16 und 22 Jahre alt sein. Einer der jungen Männer trage kurze, blonde, lockige Harre.

313
 
 

Die AfD wollte am Mittwochabend in Nottuln einen neuen Kreisvorstand (Coesfeld) wählen. Die Partei sagte das kurzfristig bei der Polizei ab – wohl wegen Protesten. Trotzdem zeigten sich AfD-Sympathisanten vor Ort.

Immer wieder gingen Menschen, begleitet von lauten „Nazis Raus!“-Rufen von Demonstranten in das Versammlungslokal. Ob die AfD hier doch noch tagte, war vor Ort nicht zu klären. Die Partei verweigerte ein offizielles Statement, trotz mehrfacher Anfragen vor Ort und auch im Vorfeld.

Mehr als 250 Menschen waren dem Demo-Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes und weiterer Organisationen gefolgt. Sie trafen sich nahe der Gaststätte, in der die AfD-Versammlung geplant war. Zwischenzeitlich kam es zu Wortgefechten zwischen Demonstranten und Sympathisanten der Partei.

Nottulns Bürgermeister Dietmar Thönnes beteiligte sich an der Demonstration und nutzte auch die Gelegenheit, über das Mikrofon zu den Menschen zu sprechen. Er setze sich für Demokratie und Vielfalt ein. Außerdem dulde er in seiner Gemeinde keine Ansätze von Rechtsextremismus.

Die Polizei sorgte mit einer Hundertschaft in Nottuln dafür, dass es friedlich blieb. Es habe lediglich verbale Auseinandersetzungen gegeben, so das Fazit eines Polizei-Sprechers vor Ort. Neben dem Deutschen Gewerkschaftsbund hatte auch der Bund der Antifaschisten aus Münster eine Demonstration angemeldet.

314
 
 

Zwei Unbekannte haben im vergangenen Dezember einen 31-Jährigen auf der Richard-Wagner-Straße zusammengeschlagen. Wie die Polizei Köln mitteilte, sollen die beiden den Fußgänger in der Nacht auf Sonntag (21. Dezember 2023) gegen 0.45 Uhr zunächst homophob beleidigt und dann mit Schlägen und Tritten schwer verletzt haben.

Die Polizei Köln fahndet nun mit Handyfotos eines Zeugen nach den mutmaßlichen Tätern.

Der Geschädigte sei auf dem Weg nach Hause gewesen, als die beiden ihn attackierten. Die Tatverdächtigen sollen den Mann unter anderem auch gegen den Kopf getreten haben, sodass er ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitt und sich nicht mehr an die Tat erinnern kann.

Einer der Verdächtigen soll von seinem Komplizen Felix genannt worden sein.

Wie dumm kann man sein?

Er soll zwischen 20 und 25 Jahren alt sein. Er sei etwa 1,70 bis 1,80 Meter groß sein und habe eine athletische Statur, so die Polizei. Er habe dunkelblonde, an den Seiten abrasierte Haare. Zur Tatzeit trug er eine schwarze Kapuzenjacke, eine hellblaues Jeans und weiße Turnschuhe.

Sein Komplize sei ein etwa 1,80 Meter großer, dunkelhaariger Mann mit schlanker Statur. Er sei Brillenträger und zwischen 25 und 30 Jahre alt. Zur Tatzeit trug er einen beigefarbenen Mantel, eine helle Hose und braune Schuhe.

315
 
 

Im Soziokulturellen Zentrum "Werk2" in Leipzig-Connewitz haben am Dienstag mehrere Unbekannte vier junge Männer angegriffen und verletzt. Die "Soko Linx" vom Landeskriminalamt sucht nun Zeugen des Vorfalls.

Das Werk2 ist ein linksalternatives Zentrum, dass für seine Wave-Gothic Konzerte bekannt ist.

Am Dienstagnachmittag wurden in Leipzig-Connewitz vier junge Männer im Alter von 17 und 18 Jahren von einer bisher unbekannten Tätergruppe angegriffen.

Der Vorfall ereignete sich zwischen 15.40 und 15.45 Uhr im Soziokulturellen Zentrum "Werk2" am Connewitzer Kreuz.

Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) griffen die Täter - dunkel gekleidet und vermummt - die vier jungen Männer unvermittelt an und schlugen sie mit Fäusten. "Aus der Gruppe der Angreifer kam zudem ein Schlaggegenstand und ein Pfefferspray gegen die Geschädigten zum Einsatz", so ein Polizeisprecher. Die Opfer erlitten dabei leichte Verletzungen, die vor Ort medizinisch behandelt wurden.

Aufgrund der aktuellen Ermittlungen gehe das LKA von einer politisch motivierten Tat aus. "Einer der Geschädigten trug zur Tatzeit die Jacke einer Bekleidungsmarke, die aufgrund ihrer Zuordnung zu einem bestimmten politischen Spektrum mutmaßlich Anlass für den Angriff gewesen sein könnte", teilt der Polizeisprecher weitergehend mit.

Da die Soko Linx nur in Fällen von potenziell linker Gewalt ermittelt, gehe ich davon aus, dass die Angegriffenen Rechte waren.

Jetzt stellen sich für mich vier Fragen:

  1. Warum stehen vier junge Männer mit Kleidung, die „zu einem bestimmten politischen Spektrum“ zuzuordnen ist vor einem Linksalternativen Zentrum?
  2. Haben die Angegriffenen Thor Steinar oder irgendwas modisches getragen?
  3. Die Angreifer waren ja offenbar vorbereitet: Woher wussten die, dass die Angegriffenen sich dort versammeln?
  4. Hat die vermehrte Sichtung von Neonazis in Connewitz in den letzten Tagen etwas damit zu tun?

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Unbekannt eingeleitet. Die weiteren Untersuchungen hat nun die eie Sonderkommission "LinX" des Landeskriminalamtes Sachsen übernommen.

316
 
 

Gegen zwei Jugendliche im Alter von 14 und 16 Jahren sowie gegen einen 18-Jährigen werde unter anderem wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Die Gruppe soll in Bayreuth Ende Februar Passanten, darunter auch Kinder, angepöbelt und mehrfach den Hitlergruß gezeigt haben.

Bei den Durchsuchungen am Freitag seien unter anderem Speichermedien, ein Faustmesser und ein Pfefferspray sichergestellt worden, teilten die Ermittler mit. Gegen den 14-Jährigen werde deshalb auch wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt.

317
 
 

Über den Vorfall in Ribnitz-Damgarten wurde bislang im Zusammenhang mit einem TikTok-Video berichtet. Einem Bericht zufolge drehte sich der Einsatz allerdings vielmehr um Posts mit rechten Codes.

Waaaaas Rechte lügen?!

Von einer Hinweisgeberin habe der Schulleiter eine Mail mit mehreren Screenshots erhalten, die auf eine Verbreitung rechtsextremer Inhalte durch die bei dem Einsatz im Fokus stehende Schülerin schließen lassen sollen. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf die Polizeiinspektion Stralsund.

So soll die Schülerin unter anderem eine Parole der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“, unter Neonazis populäre Zahlencodes sowie Symbole und Runen gepostet haben.

Demnach handelte es sich bei den ursprünglichen Schilderungen der 16-Jährigen und ihrer Mutter um eine Falschdarstellung der Ereignisse, die beide bewusst durch die rechtskonservative Zeitung „Junge Freiheit“ publik machten.

Schockierend. Das ausgerechnet die „Junge Freiheit“ lügt erschüttert mich in den Grundfesten meines Weltbildes.

Diese wurde von vielen Medien – wie auch diesem – unkritisch weiterverbreitet.

„Der Anlass, zu dem die Polizei gerufen wurde, war kein in sozialen Medien veröffentlichtes ‚Schlumpf-Video‘. Diese Ausführungen in den Medien beruhen offenbar auf Hinweisen aus dem elterlichen Umfeld der Jugendlichen“, teilte die Polizeiinspektion Stralsund der „Welt“ ohne Angabe weiterer Einzelheiten mit.

Der Polizeieinsatz hatte bereits am 27. Februar stattgefunden. Damals hatte es geheißen, die Schulleitung habe die Polizei wegen eines womöglich strafrechtlich relevanten „Schlümpfe“-Posts auf dem Social-Media-Kanal Tiktok verständigt.

Das Polizeirevier Ribnitz-Damgarten teilte ebenfalls mit, es hätten Informationen vorgelegen, wonach eine Schülerin mutmaßlich staatsschutzrelevante Inhalte in sozialen Netzwerken verbreitet haben könnte.

Die Mutter der 16-Jährigen erzählte dann der „Jungen Freiheit“, es habe sich um ein „Schlümpfe-Video“ gehandelt. Zudem erklärte sie, Schlümpfe und Deutschland hätten etwas gemeinsam: Die Schlümpfe seien blau und Deutschland auch.

„Das war wohl ein witziger AfD-Werbe-Post. Und dann hat sie einmal gepostet, dass Deutschland kein Ort, sondern Heimat ist“, so die Mutter.

Am vergangenen Montag teilte die Polizei mit, sie sei nach der Überprüfung der E-Mail einer Hinweisgeberin zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Anfangsverdacht einer Straftat besteht.

Am selben Tag waren die Beamten erneut an der Schule angerückt, da dort Menschen das Dach betraten und ein Transparent entrollten. Videoaufnahmen zufolge waren auf diesem der Spruch „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ und ein Schlumpf zu sehen.

Prominente Gesichter der rechtspopulistischen Partei AfD hatten am vergangenen Donnerstag den Vorfall scharf kritisiert. Dieser zeige „die Methodik auf, mit der die politische Elite gegen Andersdenkende vorgeht“, schrieb etwa die AfD-Vorsitzende Alice Weidel auf der Plattform X.

Die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, erstattete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zufolge Anzeige wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung, der Nötigung und „weiterer in Betracht kommender Straftaten“ gegen den Schulleiter.

318
 
 

Vor wenigen Wochen legten Unbekannte Feuer am Haus eines SPD-Politikers. Nun fliegt ein Stein durch das Fenster des Wohnhauses eines Stadtratskandidaten. Dieser vermutet ein politisches Motiv.

Knapp einen Monat nach dem Brand an einem Haus eines SPD-Politikers ist am Wochenende in Waltershausen das Fenster eines Stadtratskandidaten eingeworfen worden. Das teilte der SPD-Lokalpolitiker Michael Müller am Montag mit.

Betroffen sei demnach ein Kandidat, der auf der Liste der Linken für den Stadtrat in Waltershausen (Landkreis Gotha) kandidiert. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung. Ob es einen politischen Hintergrund der Tat gibt, sei unklar, sagte eine Sprecherin der Polizei.

Vermutlich habe es sich um einen Steinwurf gehandelt. Der Vorfall sei am Sonntag gemeldet worden. Nähere Angaben machte die Sprecherin nicht.

"Den Steinwurf in den Wohnbereich meines Hauses kann ich nur in Zusammenhang mit meinem kürzlich begonnenen Engagement für die Linke Liste des Stadtrates und gegen die Zunahme rechten, menschenverachtenden Gedankengutes sehen", erklärte der betroffene Stadtratskandidat Joachim Stade.

Vor knapp einem Monat hatten Unbekannte Feuer am Haus des SPD-Politikers Müller gelegt - ebenfalls in Waltershausen. Müller engagiert sich nach eigenen Angaben gegen Rechtsextremismus in der Region.

Auch Stade, der Orgelbauer ist, engagiert sich - den Angaben zufolge in der Initiative Buntes Waltershausen.

Das Bündnis zeigte sich erschüttert. "Der Steinwurf ins Fenster war gezielt und mit Wucht auf das beleuchtete Wohnzimmerfenster in circa sechs Meter Höhe verübt worden", erklärte die Initiative.

Der Stein sei fünf Meter hinter dem Fenster auf dem Sofa gelandet. "Hier wurden mehrere rote Linien überschritten, und der Eindruck wächst, dass sich die Gewaltspirale in diesem Wahljahr immer weiter hochschraubt."

319
 
 

Seit Monaten wird das Büro eines FDP-Abgeordneten angegriffen. Zerstochene Reifen, nun ein Hakenkreuz an der Fassade. Seine Mitarbeiter trauen sich nicht mehr ins Büro.

Augsburg – Aufgestochene Reifen, ein Hakenkreuz an der Fassade, verängstigte Mitarbeiter. Bisher Unbekannte fahren seit Monaten eine Serie von Angriffen auf das Wahlkampfbüro des Augsburger Bundestagsabgeordneten Maximilian Funke-Kaiser (FDP).

Dieser kann sein Mandat nun nicht mehr voll ausüben. Die Attacken gehen so weit, dass mittlerweile der Staatsschutz ermittelt. Der Fall steht exemplarisch für die zunehmende Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker.

Begonnen hat die Angriffsserie im Sommer 2023, als Autoreifen von Mitarbeitern des Wahlkreisbüros zerstochen wurden. „Beim ersten dachte ich mir noch nichts, beim zweiten hielt ich es für einen dummen Zufall. Beim dritten Reifen war dann klar: Das kann nur Absicht sein“, sagt Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, gegenüber unserer Redaktion.

Funke-Kaiser schaltete die Polizei ein, mittlerweile ermittelt der Staatsschutz. Nach einer Ruhephase haben die Angriffe vor Kurzem wieder begonnen.

Wieder mussten Reifen der Mitarbeiter dran glauben, außerdem wurde an die Hausfassade ein Hakenkreuz gesprüht. Die Nazi-Schmiererei könnte eine Drohung und Reaktion aus dem rechten Lager auf eine von Funke-Kaiser kurz zuvor gehaltene Rede im Bundestag sein.

„Das Hakenkreuz könnte mit einer Rede von mir zur Meinungsfreiheit zusammenhängen, bei der ich gegen die AfD argumentiert habe“, sagt Funke-Kaiser. „Das ist aber nur eine Vermutung, ich weiß nicht, ob die Angriffe politisch motiviert sind. Der Staatsschutz ermittelt noch.”

Körperliche Angriffe gab es bisher nicht, trotzdem sind Funke-Kaisers Büroangestellte verängstigt. „Die Mitarbeiter trauen sich nicht mehr ins Büro.

Sie arbeiten im Homeoffice, wenn sie ins Büro kommen, lassen sie sich fahren.“ Das ganze Team frage sich, wann und was als nächstes kommt, so Funke-Kaiser. „Das behindert mich in der Ausübung meines Mandats.“

Die Übergriffe reihen sich in eine Negativentwicklung ein. Immer häufiger werden Politikerinnen und Politiker angegriffen, wie aus Zahlen der Landeskriminalämter hervorgeht. Die Behörden sprechen allein im ersten Halbjahr 2023 von knapp 350 Körperverletzungs-, Eigentums-, Bedrohungs-, Beleidigungs- sowie Verleumdungsdelikten gegen Politikerinnen, Politiker oder Parteimitglieder.

Diese Entwicklung verfolgt auch der Augsburger FDP-Abgeordnete aufgrund der Angriffe auf sein Büro genau: „Die Stimmungslage im Land ist nicht gut, das spiegelt sich auch in solchen Dingen.“

AfD-Mitglieder waren 2023 den meisten körperlichen Angriffen ausgesetzt, Grüne wurden am häufigsten verbal angegangen. Zuletzt mussten einige Veranstaltungen, auf denen Grünen-Politikerinnen und Politiker auftreten wollten abgesagt werden, weil deren Sicherheit nicht garantiert werden konnte.

Funke-Kaiser sagt, er hätte solche Aggression nie für möglich gehalten und ist besonders empört, dass die Angriffe gegen demokratische Abgeordnete so stark zunehmen: „Es geht immer öfter gegen demokratische Parteien. Das hat ein besonderes Geschmäckle, weil wir in Deutschland gerade Debatten über einreißende Brandmauern und Rechtsextreme führen müssen, die die demokratische Grundordnung für nicht so notwendig erachten.“

320
 
 

Der Staatsschutz ermittelt nach einem Zwischenfall bei einer Demonstration gegen Hass und Gewalt am Samstagabend in Ratingen. Ein Jugendlicher soll dort den Hitlergruß gezeigt haben.

Laut Polizei konnte der Jugendliche nach Zeugenhinweisen identifiziert werden. Gegen ihn wurde eine Strafanzeige gestellt. Warum er den Hitlergruß gezeigt haben soll, ist bislang unklar.

Ein zweiter Jugendlicher soll außerdem wohl gezielt einen Böller in die Nähe der Versammlung geworfen haben. Verletzt wurde niemand. Einer der beiden soll die Tat gefilmt haben. Das Mobiltelefon wurde sichergestellt, sagt die Polizei.

Die Demonstration fand als Lichterkette statt. Dazu haben die etwa 700 Teilnehmer mit Lichtern in der Hand eine Kette gebildet, um ein Zeichen gegen Hass, Gewalt und Rechtsextremismus zu setzen.

321
 
 

Nach einem möglichen rassistischen Angriff auf zwei Schüler in Cottbus ruft ein Bündnis für diesen Dienstag zu einer Demonstration gegen Rassismus auf. Unter dem Motto «Kinder brauchen Sicherheit - Schule ohne Rassismus» wollen sich die Teilnehmer vor dem Schulamt treffen, wie der Veranstalter «#Unteilbar-Südbrandenburg» mitteilte.

Vor etwa einer Woche war bekannt geworden, dass ein Lehrer in Cottbus zwei Schüler mit Migrationshintergrund attackiert haben soll. Einer der beiden wurde dabei so schwer verletzt, dass er stationär in einer Klinik behandelt werden musste.

Laut einem RBB-Bericht bekam er von einem Lehrer einen Schlag in den Nacken. Das Brandenburger Bildungsministerium bestätigte den Vorfall, der sich laut Polizei bereits im September 2023 ereignet hatte.

Ein rassistisches Motiv werde geprüft. Beide Jungen waren laut dem Verein Opferperspektive damals zwölf Jahre alt.

322
 
 

Der Landkreis Elbe-Elster ist eine der strukturschwächsten Regionen Brandenburgs. Hier erhielt die AfD schon 2019 mehr als die Hälfte der Stimmen. Und jetzt? Ein Besuch im blauen Land.

Lukas Kramer lehnt an seinem schwarzen Skoda Fabia, eine Selbstgedrehte im Mundwinkel wie ein Cowboy, und erklärt die Lage in seiner Brandenburger Heimat. „Linke“, sagt er trocken, „wirste hier kaum finden, hier wählen alle die AfD.“

Auch die jungen Leute. Auch er. „Aber“, er nimmt die Kippe aus dem Mund, „sind wir deswegen rechtsextrem? So seht ihr uns doch.“ Ihr Medien, ihr da oben.

Ein matschiger Parkplatz im Städtchen Elsterwerda, Landkreis Elbe-Elster, Südbrandenburg. Lukas Kramer*, 23 Jahre alt, kommt gerade aus der Berufsschule gegenüber, wo er eine Ausbildung macht.

Ein schmaler Kerl mit krausem Haar, neugierigem Blick und dunkler Kleidung. Kein Verschwörungsmythiker oder Neonazi. Eher der pragmatische Handwerker-Typ. Ein junger Mann vom Land.

Im September, wenn in Brandenburg Landtagswahl ist, wird er zum zweiten Mal in seinem Leben die AfD wählen. Er ist sich nicht ganz sicher, ob er das so öffentlich sagen sollte. Andererseits: Er kennt kaum jemanden, der anders denkt als er.

In Elbe-Elster, das merkt man schnell, gelten andere politische Kräfteverhältnisse als in den Großstädten.

Es gibt Orte hier, da bekam die Partei schon 2019, bei der letzten Kommunalwahl, mehr als 50 Prozent der Stimmen. Und je näher die Landtagswahlen rücken, desto härter ringen die Leute mit sich. Desto unversöhnlicher geht es zu.

Seit Wochen gehen Menschen hier auf die Straße. In Orten, die Lauchhammer, Herzberg, Bad Liebenwerda und Finsterwalde heißen.

Die einen demonstrieren sonntags gegen rechts, gegen die AfD. Die anderen versammeln sich montags gegen die Politik der Regierung in Berlin.

Fährt man über die Landstraßen der Region, rauschen einem Minivans entgegen, die mit Parolen bemalt sind: „Es reicht! Die Ampel muss weg! Zu viel ist zu viel!“

An fast jedem Ortsschild hängen Gummistiefel, teilweise sind Kreuze daraufgesprüht. Spuren der wütenden Landwirte.

Es wehen Reichsflaggen in den Gärten, mit Wehrmachtshelm darauf. Oder Fahnen mit dem Schriftzug: „Ami go home!“

Der Unmut schreit einen förmlich an in Elbe-Elster. Und man fragt sich, woran das eigentlich liegt. Warum es ausgerechnet hier, zwei Stunden südlich von Berlin, so aufgeheizt ist, warum es an manchen Tagen so wirkt, als stehe bereits alles auf dem Spiel: die Ordnung, der Zusammenhalt, die Demokratie als Ganzes.

Lukas schlägt vor, uns das Dorf zu zeigen, aus dem er kommt: Lausitz, etwa 15 Minuten von Elsterwerda entfernt, ein 320-Seelen-Ort an der B183.

Das Haus der Kramers liegt kurz vor dem Ortsende. Brauner Spritzbeton, im Vorgarten Nadelsträucher im Formschnitt, drumherum nichts als Felder. Es ist laut. Über die Bundesstraße, die direkt am Gartentor vorbeiführt, donnern die Lkw.

Im Hintergrund, nur knapp einen Kilometer entfernt, erheben sich Windräder über das Dorf, ragen empor wie Wolkenkratzer. Die Skyline der Peripherie.

Hinten im Hof bellt Riesenschnauzer-Dame Basra. Offenbar hat Lukas uns angekündigt. Aus dem Schuppen ruft jemand: „Hier sind die Rechten!“

Wenig später kommt ein stämmiger Mann in farbbekleckster Hose und Arbeiterjacke heraus, einen Pinsel in der Hand.

Heiko Kramer*, 57, der Vater von Lukas. Er lacht und sagt, er habe Kaffee gekocht, führt nach hinten, wo drei Laufenten durch den Garten watscheln und im Stall die Hühner gackern. Auf einer überdachten Terrasse nehmen Vater und Sohn an einem Steintisch Platz.

Warum sind so viele hier so unzufrieden?

Lukas deutet auf die Windräder. 34 Anlagen, direkt vor ihrer Nase. „Laut sind die“, sagt er. Vor allem nachts höre man das Wuschwuschwusch, wenn der Verkehr ruhiger sei.

Im Sommer würden sie Schatten werfen, und wenn es dunkel werde, würden die Leuchtfeuer blinken. „Zu Weihnachten ganz schön“, sagt Heiko. Ein Witz. Aber lustig findet er es nicht. Der Wert seines Hauses sinke, sagt er.

Brandenburg ist das Land, in dem nach Niedersachsen die meisten Windräder stehen. Trotzdem sind die Strompreise hier so hoch wie nur an wenigen anderen Orten in Deutschland.

Dietmar Woidke, der Ministerpräsident, kritisiert das seit Jahren, die Ungerechtigkeit, die sich durch die hohen Netzentgelte ergebe. Aber geändert hat sich bislang nichts.

Die Preise bleiben hoch. „Wo ist da der Sinn“, fragt Lukas. „Ich hab die Dinger vor der Nase, aber nicht den günstigen Strom, den sie produzieren.“ Nur ein Beispiel, warum er und sein Vater so unzufrieden seien. Warum sie ihre Stimme der AfD gäben.

Denn wenn es keine Windräder gibt, gibt es auch keine ungerechten Strompreise mehr.

„Hier wählen alle die Blauen“, sagt Vater Heiko. „Die anderen fahren das Land doch an die Wand, war schon unter Merkel so.“

Er arbeitet als Schlosser in einer Molkerei. Immer Nachtschicht, sechs Tage die Woche, sagt er. Alle, mit denen er arbeite, alle in der Nachbarschaft, alle würden genau dasselbe denken: „Politik am Arsch. Der Krieg, was geht uns der Krieg an? Warum redet keiner mit Putin? Gas könnten wir auch günstiger bekommen. Und der Ami? Der will nichts Gutes.“

Es geht von einem Thema zum nächsten. Als wüssten Vater und Sohn nicht, worüber sie sich zuerst aufregen sollen. Die Ex-Kanzlerin, der Russe, der Ami, der Krieg, das Gas. Natürlich auch die Flüchtlinge, die, wie sie glauben, alles bekämen, ohne etwas dafür zu tun.

Es ist alles irgendwie eins. Die komplizierte Welt da draußen, die Sorgen hier vor Ort. Die große Politik im Schatten der Windräder.

Früher, sagt Heiko, habe es hier in jedem Ort eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gegeben, eine LPG. Auch er sei ursprünglich Bauer gewesen.

Nach dem Mauerfall aber schulte er um, ging viele Jahre immer wieder auf Montage, baute Getränkewerke in Afrika auf.

Er war jung damals, so alt wie Lukas heute, er konnte mit dem Wandel umgehen. „Aber so viele Menschen sind arbeitslos geworden“, sagt er. Der Frust säße tief.

Die Wende hat ihre Spuren hinterlassen in der Region. Seelische Wunden. Die Ethnologin Juliane Stückrad bezeichnet sie als „Verlusterfahrungen“, als einen „großen Schmerz“.

Stückrad kommt aus Eisenach, hat aber selbst lange in Elbe-Elster gelebt. Sie hat sich wissenschaftlich mit den Menschen hier beschäftigt und ein Buch über sie geschrieben: „Die Unmutigen, die Mutigen“.

Die Region, sagt sie, gelte schon seit vielen Jahrhunderten als strukturschwach. Als eine Gegend mit schlechten Böden, wenig Industrie, um die die Handelswege immer herumführten.

„In der DDR ist das überdeckt worden“, sagt sie. Die LPGs und Betriebe hätten eine „Rundumversorgungsstruktur“ geboten.

Geregelte Arbeitszeiten, Lebensmittel, Kinderbetreuung, Kulturveranstaltungen. „Der Alltag war überschaubar, alles war geregelt.“

Vieles davon sei mit der Wende zusammengebrochen. Der klar geordnete Alltag, die Struktur.

Die Euphorie über die friedliche Revolution und die Grenzöffnung sei hier, weit weg von der Mauer, kaum spürbar gewesen. Stattdessen kam es zu Massenarbeitslosigkeit.

Noch im Jahr 2000 hatten 25 Prozent keinen Job. Fast eine ganze Generation junger Menschen habe die Gegend nach 1990 verlassen. „Die, die blieben, übernahmen die Verlusterzählungen ihrer Eltern“, sagt Stückrad. Die Distanz zum System.

Ein paar Tage später, ein Mittwochabend. Im Proberaum der Musikschule von Bad Liebenwerda, der nächstgelegenen Stadt, riecht es nach Schweiß.

Die Schülerband Risiko probt ihren letzten Song. Nils, Timo, Nora und Sophie, 15, 16 Jahre alt, kommen aus den Nachbarorten von Lausitz, aus Gröditz, Maasdorf, Kröbeln und Nieska.

Sie gehen alle auf dasselbe Gymnasium in Elsterwerda. Und sie alle gehen zu den Demos gegen rechts.

Nils singt: „Ich stehe in einem grauen Nichts zwischen Spießern und ein paar Nazischweinen, aber es ist okay, solange du mich nicht alleine lässt.“ Er ist ihr Anführer, der Lead-Sänger.

Jeden Tag kommt er hierher in die Musikschule, lernt Klavier, nimmt Gesangstunden, bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium vor.

Was die vier über die Rechten in ihren Dörfern berichten, klingt fast wie ein Klischee. Beim letzten Dorffest hätten zu später Stunde alle Anwesenden den Hitlergruß gezeigt, sagt Nils.

Schlimm sei es vor allem in der Schule, sagt Timo. Hakenkreuze, die in die Wand geritzt werden, Hitlergrüße im Unterricht, Mitschüler, die die deutsche Nationalhymne singen – alle Strophen.

Zecken würden die vier von der Band genannt. „Da kommt der Feind“, werde ihnen entgegengebrüllt. Mainstream, das bedeute hier in der Gegend, rechts zu sein.

Sie erzählen von ihren Eltern, die nicht mit ihnen auf die Demos gehen. Die seien keine Nazis und würden wahrscheinlich auch nicht die AfD wählen. Zumindest glauben sie das.

Links seien die Eltern aber auch nicht. Sie hätten viel Kritik an der Regierung. Es gebe Diskussionen zu Hause, sagt Nils, warum er auf die Demos gehe. Sein Vater sei eher bei den Kundgebungen der Bauern in Bad Liebenwerda.

Vielleicht standen sie dort nebeneinander, die Väter von Nils und von Lukas. Denn das, so scheint es, haben sie gemeinsam, die jungen Linken und die jungen Rechten: Eltern, die sich den Protesten der Bauern anschließen. Gegen Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie demonstrieren.

Er kenne mehrere kleinere Baufirmen, die bereits Pleite gemacht hätten, sagt Lukas’ Vater Heiko in seinem Garten. „Da kriegst du Gänsehaut.“

Er befürchtet, am Ende seien nur noch die großen da, wie zu DDR-Zeiten die Kombinate. „Ist das rechts, das nicht gut zu finden?“

Heiko Kramer lebt schon sein Leben lang in Lausitz, seine Eltern bauten einst das Haus, in dem sie noch heute alle wohnen. Er schwärmt von den Dorffesten, die es hier zu DDR-Zeiten gab. Und auch danach noch.

Er erzählt von der 800-Jahr-Feier des Dorfes, 1997. „Da warst du noch flüssig“, sagt er zu seinem Sohn, der erst vier Jahre später zur Welt kam.

In seinem eigenen Dorf habe er sich verlaufen, so viele Buden hätten hier gestanden. Einen Umzug gab’s, sein Vater, der bei der LPG arbeitete, sei als „Urmensch“ gegangen, die Kostüme kamen aus dem Filmpark Babelsberg.

Es war ein letztes Aufflackern der alten Zeit, sieben Jahre nach der deutschen Einheit. So viel sei nie wieder los gewesen hier, sagt Heiko. Eine richtige Gemeinschaft habe es da noch gegeben, wie in der DDR.

Ein Jahr später, bei den Kommunalwahlen, wurde die SPD mit 38 Prozent und weitem Abstand stärkste Kraft in Brandenburg. Auch Heiko gab ihr seine Stimme.

Doch in Elbe-Elster verkauften sich die Demokratie und die Marktwirtschaft nicht besonders gut. Wie in vielen strukturschwachen Regionen im Osten.

So beschreibt es Juliane Stückrad, die Ethnologin. „Karrieristen“ hätten die Leerstellen zu ihrem Vorteil genutzt.

Die Ostdeutschen, die dringend Jobs brauchten, hätten in jener Zeit Diskriminierungen erlebt, seien von oben herab behandelt, häufig schlecht bezahlt worden.

Mit anderen Worten: Der westdeutsche Kapitalismus zeigte sich genau so, wie im Staatsbürgerkundeunterricht immer beschrieben.

Auch Heiko machte diese Erfahrungen. Als er kurz nach dem Mauerfall mit seiner Frau und Lukas’ Bruder zum ersten Mal in den Westen fuhr, um Verwandte zu besuchen und das Begrüßungsgeld abzuholen, lernten sie ein Paar aus Hildesheim kennen.

Wer seid ihr, wo kommt ihr her, hätten die gefragt. Kommt doch auf dem Rückweg bei uns vorbei. „Herzensgute Menschen“, sagt Heiko. Später wurden die beiden ihre Trauzeugen. Heute hätten sie kaum noch Kontakt.

„Die dachten, wir hatten nüscht. Sind mit uns einkaufen gegangen, haben uns den Wagen vollgeladen. Wir kamen uns vor wie Bettler“, sagt er.

Als er später auf Montage nach Baden-Württemberg fuhr, sagten die Kollegen: Ihr aus’m Osten wisst doch nicht mal, wie eine Banane aussieht.

Erfahrungen, die vielleicht jetzt wieder hochkommen, wenn Bauern, Handwerker und Spediteure, die aus Frust über die Verhältnisse auf die Straße gehen, von Politikern in Berlin als rechts bezeichnet werden. Das Gefühl, missverstanden, von oben herab behandelt zu werden.

Aber muss man aus Frust eine Partei wählen, die gegen Flüchtlinge hetzt und hier in Brandenburg nachweisbar Verbindungen zur rechtsextremen Szene pflegt?

Es antwortet jetzt wieder Lukas, der Sohn: Klar, auch bei der AfD sei „nicht alles schön, was die sagen“. Aber es gebe doch immer ein Für und ein Aber. „Das war schon bei Hitler so.“ Das müsse man in Kauf nehmen.

Definitiv kein Nazi.

Es brauche „einen kompletten Austausch“, die „Politik an sich“ müsse sich ändern. Bei Hitler? Ein Für und Aber?

Hitler habe die Menschen von der Straße geholt, sagt Lukas, habe erfolgreich die Arbeitslosigkeit bekämpft. Und der Holocaust? Die sechs Millionen Juden, die ermordet wurden?

„Das ist natürlich schwierig“, sagt Lukas.

Es dämmert. Der Vater geht ins Haus, er will sich nochmal hinlegen vor der Nachtschicht. Der Sohn möchte uns etwas zeigen.

Er nimmt den Schlüssel, verlässt das elterliche Grundstück, führt über die Dorfstraße vorbei an grauen Häusern mit heruntergelassenen Rollos.

Nach einer Weile biegt er rechts ab, läuft über einen schmalen Weg zwischen zwei Häusern zu einem kleinen Bau mit unverputzten Wänden. „Mitten im Nichts“, sagt er und schließt auf.

Ein Billardtisch, eine Dartscheibe an der Wand, zwei speckige Ledersofas. Eine Bar, verziert mit Hunderten Kronkorken. Der Jugendclub von Lausitz.

Mit 15 Jahren kam Lukas zum ersten Mal her. Glaubt er. Zu viele durchsoffene Nächte sind seither vergangen. Irgendwann sei der Schlüssel an ihn weitergegeben worden. Seitdem sei er der „Betreiber“.

Er stellt sich hinter die Theke, sein angestammter Platz. Er greift nach unten, hebt drei Flaschen Ur-Krostitzer nach oben, lässt sie aufploppen. Früher hätten sie sich hier jedes Wochenende getroffen, sagt er. Heute seltener.

Die meisten seien inzwischen weg, in Dresden oder Berlin, für eine Ausbildung oder ein Studium. Selbst seine Freundin arbeitet heute in Leipzig, kommt nur noch am Wochenende her.

Nur er ist noch da. Er und ein Kumpel. Die letzten Mitglieder des Jugendclubs von Lausitz.

„Hier geht’s vor allem ums Trinken“, sagt er. „Ums Saufen.“ Zu später Stunde könne es auch mal sein, dass eine Parole geschwungen werde. „Die scheiß Ausländer!“, „Hoch die Tassen, trennt die Rassen!“

Mit politischen Überzeugungen habe das nichts zu tun, erklärt Lukas. Das sei „einfach ein übelst dummer Spruch.“ Aber dagegen etwas sagen? Will er auch nicht. Dann wär’ er ja die Zecke.

Er erzählt von seiner Jugend, davon, wie er kaputte Motorräder aufmöbelte und weitervertickte, von der Freiwilligen Feuerwehr, bei der er eine Zeitlang war, vom Motocross-Fahren.

Davon, wie er nach der Berufsschule seinem Vater helfen, für die Nachbarn den Ölwechsel erledigen müsse. Vom Alltag auf dem Land.

Er klingt stolz, dann wieder klagt er. Nur manchmal ist zu erahnen, wie er über sein Leben denkt. Mit 23 noch bei seinen Eltern zu leben, während alle anderen weg sind.

Wie eintönig dieser Alltag manchmal ist. Welches Risiko es bedeuten würde, hier anders zu sein, anders zu denken.

Der Sonntag ein paar Tage zuvor. Auf dem Marktplatz von Elsterwerda haben sich etwa 300 Leute versammelt. Man sieht Regenbogenfahnen, Antifa-Banner, Flaggen des Gewerkschaftsbundes.

Junge Familien mit Kindern und alte Rentner. Auch Timo und Nils sind da, die beiden Schüler von der linken Band. Timo hält ein Schild hoch: „Nazis raus ruft es sich leichter da, wo es keine Nazis gibt.“

Vorne auf der Bühne erzählen Redner von Einschüchterungsversuchen der Rechten. Von Autos mit getönten Scheiben, die vor ihren Häusern parkten, mit laufendem Motor und dröhnendem Rechtsrock.

Von Blumensträußen, die ihren Familien geschickt wurden, mit zweideutigen Grußbotschaften. Man habe versucht, eine private Sicherheitsfirma für die Demo gegen rechts zu engagieren.

Überall hätten sie dieselbe Absage erhalten: Für „solche“ Versammlungen gebe es nicht das passende Personal.

Uff

Es wird Musik gespielt. „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten, die alte Anti-Nazi-Hymne. Die Leute auf dem Marktplatz klatschen in die Hände, singen, als müssten sie sich selbst Mut machen.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, tauchen am Rand etwa 50 dunkel gekleidete Männer auf.

Sie tragen Sonnenbrillen, scharf rasierte Scheitel, einer hat einen Reichsadler über der Kehle tätowiert. Lässig schlendern die Männer auf die Menge zu.

Polizisten treten heran. Höflich bitten sie, sich nach hinten zu stellen. Es wird gelacht, es wirkt, als würde man sich kennen.

Die Menschen, die gerade noch gesungen haben, wirken wie erstarrt. Es gibt keine Barriere zwischen ihnen und den Rechten, keine Absperrungen. Es sind viel zu wenig Polizisten da.

Komisch, wie solche Fehler immer nur bei linken Demos passieren.

Am Ende strömen die dunkel gekleideten Männer auseinander. „Die verteilen sich in der Stadt“, ruft jemand.

„Passt auf euch auf“, ein anderer. Schnell leert sich der Marktplatz. Die Demo-Besucher verschwinden in ihren Häusern. Aus Angst.

Ein paar Jugendliche bleiben zurück, auch Timo und Nils. Sie haben keine Angst. „Sowas ist hier Alltag“, sagt Nils.

„Die meisten sind eh nur Mitläufer, die keine eigene Meinung haben.“ Er und seine Freunde kennen die Rechten.

Es sind ihre Nachbarn und Mitschüler, die Menschen, die ihnen jeden Tag über den Weg laufen. Noch sind sie es.

Nils, Timo, Nora und Sophie, die vier von der Band, wollen weg von hier. Sobald die Schule vorbei ist. Nach Leipzig, Berlin, vielleicht ins Ausland.

Zum Studieren, für eine Musikerkarriere, eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin. Hauptsache weg aus der Enge ihrer Dörfer. Weg von den Rechten. Weg aus dem blauen Land.

Es war schon immer so hier. Elbe-Elster, die ewig strukturschwache Gegend, seit vielen Jahrhunderten. Der einzige Brandenburger Landkreis ohne Autobahnanschluss.

Vielleicht ist auch das etwas, was sie voneinander trennt, die Linken und die Rechten: die Frage nach dem Bleiben oder dem Gehen.

Als entscheide diese Frage nicht nur über ihre berufliche Zukunft, sondern sage auch etwas aus über ihre politische Haltung. Darüber, wem sie ihre Stimme geben, zu wem sie gehören.

Lukas wird bleiben. Im Jugendclub sagt er nach ein paar Bier: „Auf keinen Fall gehe ich hier weg.“ Hier, wo seine Familie herkommt, wo er an Autos und Mopeds schraubt, wo die meisten so denken wie er.

Wo die Leuchtfeuer der Windräder in der Nacht blinken. Klar, er würde anderswo mehr verdienen, vor allem mit seiner Ausbildung, der höchsten, die man als Elektriker machen könne.

Er könnte sich dann vielleicht eine eigene Wohnung leisten, müsste nicht mehr seinem Vater täglich beim Schrauben helfen.

Aber wohin, fragt er. Er sei mal in Leipzig gewesen, da habe er erlebt, wie ein Mann auf der Straße mit einer Knarre in die Luft schoss. „Kulturschock“, sagt Lukas. Und Berlin? „Niemals, viel zu dreckig.“

Er klingt entschieden und dann auch wieder ein bisschen, als rede er mit sich selbst, als argumentiere er gegen seine eigenen Zweifel. Er hält einen Moment inne, nimmt einen Schluck.

Dann sagt er: „Ich würde echt gern mal für einen Tag mit euch tauschen.“ Einen Tag lang das Großstadtleben ausprobieren.

Er würde dort sicher depressiv werden, hätte keine Ahnung, was er zwischen all den Menschen machen solle. Aber interessieren, sagt er, würde es ihn schon.

323
 
 

»Wer Mitglied in der AfD ist, kann nicht gleichzeitig einer christlichen Schützenbruderschaft angehören«, erklärt der große Dachverband BHDS. Schon seit Jahren wehre man sich gegen Versuche rechter Vereinnahmung.

Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) hat seinen Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der AfD bekräftigt. »Wer Mitglied in der AfD ist, kann nicht gleichzeitig einer christlichen Schützenbruderschaft angehören«, unterstrich der Verband am Sonntag bei einer Bundesvertreterversammlung im rheinischen Langenfeld.

Der BHDS ist ein Zusammenschluss von 1300 katholischen Bruderschaften und Vereinen in Westdeutschland mit 300.000 Mitgliedern.

Seit 2020 wehrt der Verband nach eigenen Angaben Vereinnahmungsversuche der AfD ab. Deren Ziel sei es offensichtlich, Traditionsvereine zu unterwandern.

Der Hauptvorstand hatte 2021 beschlossen, dass die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer dem BHDS angehörenden Bruderschaft und der AfD oder anderen rechtspopulistischen, rechtsradikalen und rechtsextremen Organisationen nicht miteinander vereinbar sind.

»Wir sehen mit großer Sorge, dass sich in unserer Gesellschaft radikales Denken verstärkt und sogar zum Hass auf Mitmenschen wird – vor allem aufgrund ihrer Religion, Herkunft oder Hautfarbe, wegen des Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität«, erklärte der Verbandsvorsitzende Emil Vogt.

In Deutschland gebe es viele wache und mutige Menschen, die bereit und in der Lage seien, sich der aufziehenden Gefahr der Rechtsextremen entgegenzustellen. »Aber Demonstrationen alleine reichen nicht.«

Widerstand gegen Rechtsextremismus brauche mutiges Auftreten auch im Alltag, so Vogt. Der Bundesschützenmeister forderte die Schützen auf, eindeutig Stellung zu beziehen, »ob am Tresen, an der Werkbank, an der Supermarktkasse«.

Schützen sollten selbstbewusst zeigen, dass ihre christlichen Werte auf Miteinander setzten und nicht auf Ausgrenzung: »Wo einige Menschen unter dem Deckmantel der Heimatverbundenheit Grenzen abschotten wollen und Fremdenhass schüren, zeigen wir, was Heimat wirklich bedeutet.«

Der BDHS wurde noch vor rund einem Jahrzehnt für Diskriminierung kritisiert. So gab es 2012 einen Beschluss, wonach gleichgeschlechtliche Königspaare nicht mit der christlichen Tradition der Schützen vereinbar seien; 2014 kam es zu einem Streit über einen Schützenkönig muslimischen Glaubens.

Seither hat der Verband einiges geändert. Nach seinem Amtsantritt 2015 forderte der aktuelle Vorsitzende Emil Vogt, dass Schwule und Muslime nicht diskriminiert werden dürften.

324
325
 
 

Die Berliner Kriminalpolizei hat bei der Aufklärung der rechtsextremen Straftaten in Neukölln vor allem bis 2017 viele Versäumnisse zu verantworten.

Zu diesem Schluss kommt der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu den Brandanschlägen und Schmierereien von Neonazis, der am Freitag einen Zwischenstand bekannt gab.

Ab 2017 seien die Ermittlungen dann wegen des Drucks der Öffentlichkeit beim Landeskriminalamt besser geführt worden, stellte der Ausschussvorsitzende Vasili Franco (Grüne) fest. Fehler habe es aber weiterhin gegeben.

Seit dem vergangenen Sommer befragte der Ausschuss zahlreiche Kriminalpolizisten, die mit dem Komplex befasst waren. Franco sprach von einer "großen Kluft zwischen Theorie und Praxis" bei der Polizeiarbeit.

So habe es Mängel bei der Spurensicherung, bei den Ermittlungsmethoden und bei der Wissensübermittlung nach Personalwechseln gegeben. Die Staatsanwaltschaft habe lange den Seriencharakter der Taten ignoriert.

Der CDU-Innenpolitiker Stephan Standfuß (CDU) sagte, für den zeitweise kursierenden Verdacht, es gebe rechtsextreme Netzwerke in der Polizei, die die Aufklärung der Taten behinderten, hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben.

Das Problem seien "individuelle Versäumnisse" gewesen.

Die Vertreter der anderen Parteien kritisierten strukturelle Probleme wie zu wenig Personal im zuständigen Staatsschutz des LKA und zu häufige Wechsel in den Führungspositionen.

In den nächsten Monaten will sich der Ausschuss mit dem bisher nicht aufgeklärten Mord an dem 22-jährigen Burak B. im April 2012 in Neukölln befassen und Vertreter der Staatsanwaltschaften befragen. Mit der Arbeit am Abschlussbericht soll Ende des Jahres oder Anfang 2025 begonnen werden.

Als Zeuge antwortete der frühere Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt am Freitag auf Fragen zu Kontakten von Polizisten zur rechtsextremen Szene. "Es gab Polizisten und Polizistinnen, die da auffällig waren, definitiv. Das ist bei einem so große Personalkörper nicht auszuschließen. Einzelfälle ja, Strukturen sind mir nicht bekannt."

Die Polizei sei bewusst dagegen vorgegangen, wenn etwas bekannt geworden sei.

Kandt gab zu, die Arbeit im für politische Taten zuständigen Staatsschutz im LKA sei nicht besonders beliebt gewesen bei Polizisten.

Daher habe es auch mal neues, unerfahrenes junges Personal gegeben. "Es kann dabei schon mal auch sein, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht gewesen ist."

Joa, passiert. Lässt man halt mal nen Rechtsterroristen laufen. Is ja eh egal, sind ja schon über 600 untergetaucht. Einer mehr oder weniger macht da ja keinen Unterschied mehr.

Nach eigenen Angaben war Kandt nicht konkret mit Ermittlungen befasst. "Ich hatte nicht das Wissen der Sachbearbeiter und habe mich auch nicht im Detail in die Ermittlungen eingemischt."

Auch die Personalstärke bei Ermittlungen sei kein Thema für den Polizeipräsidenten gewesen. Er habe sich an Empfehlungen der Spezialisten gehalten.

Kandt kam Ende 2012 ins Amt und schied 2018 aus, später war er kurz Staatssekretär in Brandenburg. Zu den Brandanschlägen und Schmierereien von Neonazis sagte Kandt, es habe ja durchaus Verdächtige aus der rechtsextremen Szene vor Ort gegeben, "aber es gab keine Beweise".

An den Mord an Burak B. erinnerte Kandt sich als besonders dramatischen Fall. Der junge Mann sei ohne Vorwarnung auf offener Straße erschossen worden.

"Was es besonders dramatisch machte, dass es keine Hinweise auf Täter gab und kein Motiv. Und die Familie hat darunter sehr gelitten."

Was könnte hier nur das Motiv gewesen sein? Schätze wir werden es nie erfahren.

Er habe die Familie besucht und sei sehr betroffen gewesen. Bei Morden gebe es eine hohe Aufklärungsquote, weil es Beziehungen gebe zwischen Täter und Opfer, sagte Kandt. "Aber wenn es das gar nicht gibt, wird es schon sehr schwierig. Und es gab kein einziges Indiz und keine Ermittlungsansätze damals."

Der Untersuchungsausschuss will seit 2022 klären, ob Polizei und Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen zu der Serie rechtsextremistischer Brandanschläge und Schmierereien in Neukölln ab 2012 bis 2019 Fehler machten.

Mehr als 70 dieser Taten zählte die Polizei seit 2013 in Neukölln. Die Ermittlungen zogen sich jahrelang hin.

Erst im Sommer 2021 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Anklage. Mangels Beweisen wurden die beiden Hauptangeklagten 2022 und 2023 vom zentralen Punkt der Anklage freigesprochen, dabei ging es um Brandanschläge auf zwei Autos von Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Verurteilungen gab es wegen Sachbeschädigungen.

Moment mal. Rechte, die wegen Mordanschlägen auf Antifaschisten verurteilt werden?! Dit is nich mehr main Deutschland!

view more: ‹ prev next ›