Wehrhafte Demokratie

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Menschen aus dem Umfeld des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sind offenbar am Kauf des europäischen Nachrichtensenders Euronews beteiligt gewesen. Wie "Le Monde", die ungarische Investigativplattform Direkt36 und die portugiesischen Wochenzeitung "Expresso" berichteten, haben die Orbán-Vertrauten mindestens ein Drittel der Kaufsumme bereitgestellt, ihre Anteile aber verschleiert.

Direkt36 zufolge spielten politische Gesichtspunkte bei der Transaktion eine große Rolle. Mit der Investition sollte demnach einer "linken Schieflage" in der Medienberichterstattung entgegengewirkt werden, da Euronews "Einfluss" auf "die Politik der EU" habe. Journalisten von Euronews sagten "Le Monde", sie hätten bisher nicht erlebt, dass Einfluss auf die Berichterstattung ausgeübt wurde.

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Auf der Besenbruchstraße in Barmen haben Unbekannte in der Nacht zu Mittwoch, 10. April, eine Hausfassade beschmiert.

Nach Angaben der Polizei haben die Täter in rot und schwarz „Hier treffen sich Faschos“ und „Hier treffen sich Nazis“ an die Hauswand geschrieben.

In dem Internetforum indymedia. org schreiben Mitglieder der Antifa, dass in dem Haus ein Treffen der sogenannten „Indigen Germaniten“ stattfinden soll. Faschisten würden sich in Wuppertal vernetzen wollen.

Die Polizei ermittelt zu den Hintergründen der Wandschmierereien und Beamte haben eine Strafanzeige aufgenommen.

Auf der Internetseite der Polizei NRW heißt es, die Germaniten würden in der Hauptsache durch den Versand umfangreichen Materials an Behörden per Fax in Erscheinung treten.

Es handele sich hierbei um eine eher virtuelle Erscheinungsform mit nur wenigen Aktivisten. Die Anhänger des „Indigenen Volkes Germaniten“ verstehen sich, laut ihrer Internetseite, als Nachkommen germanisch-alemannischer Vorfahren und somit als eigene ethnische Volksgruppe.

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Ende der 1980er-Jahre gibt es eine Skinhead-Szene Im Kreis Sigmaringen. Es gründet sich ein Antifa-Aktionskreis. Martin Rieder, ein Mitglied, erzählt von der Zeit.

Martin Rieder erinnert sich nur ungern an die „Baseballschläger-Jahre“. Damals wird er zur Zielscheibe der Rechtsextremisten. Auch jetzt treibt ihn eine große Sorge um.

Sie lauerten Menschen auf, die anders waren, störten Konzerte und Veranstaltungen, schlugen plötzlich auf der Straße zu. Martin Rieder redet von den „Baseballschläger-Jahren“, wenn er sich an die Zeit Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre zurückerinnert.

Damals hat es im Landkreis Sigmaringen eine Welle von Angriffen durch Neonazis gegeben, ihr Schwerpunkt war in Sigmaringen, Bad Saulgau und Pfullendorf.

Rieder gehörte damals zu den anderen, zu den Punks, gründete später einen Antifa-Aktionskreis im Landkreis Sigmaringen.

Der heute 54-Jährige blickt mit Sorge auf die heutigen politischen Entwicklungen, denn obwohl sich die Lage entspannt hat, sieht er gerade wieder beunruhigende Tendenzen.

„Ich hatte Glück“, sagt er heute, denn er blieb körperlich verschont. Doch es war knapp. Im Januar 1990 kam es zu einem Brandanschlag auf sein Elternhaus in Inzigkofen. Die Täter setzten einen Holzschuppen neben dem Wohnhaus mit Benzin in Brand.

Ein Ausbreiten des Feuers verhinderte im letzten Moment ein Nachbar, der die Flammen löschte. Welche Gruppe dahinter steckte, zeigt ein Spruch, den die Täter an die Hauswand gesprüht haben: „Rotfront verrecke“. Daneben fand sich das Keltenkreuz, ein Symbol der rechtsextremen Szene.

Hintergrundangabe der Polizei auf Anfrage der Schwäbischen:

Fälle aus den 80er- und 90er-Jahren sind laut Polizeisprecher Christian Sugg nicht mehr dokumentiert, da sie aufgrund der Datenschutzvorgaben gelöscht werden mussten.

Einzelne Kollegen erinnern sich aber noch an die Zeit. Sie sprechen, wie Sugg mitteilt, nicht von einer Skinhead-Bewegung im Landkreis Sigmaringen, sondern von „einzelnen in der Szene aktiven Personen“.

Auch heutzutage sei nichts über eine aktive Skinhead-Bewegung im Landkreis bekannt.

Allerdings gibt es laut Sugg durchaus politisch motivierte Straftaten aus der rechtsextremen Szene, die meistens im Bereich der Hasskriminalität liegen.

Als Beispiele nennt Sugg unter anderem die Verbreitung von volksverhetzenden und beleidigenden Kommentaren und Bildern in den sozialen Medien und Chatgruppen. Insgesamt wurden im Jahr 2022 im Kreis Sigmaringen 32 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund erfasst, so Sugg. 2023 waren es 22 Straftaten. Die meisten dieser Delikte haben im Internet stattgefunden.

Zurück zum Hauptartikel:

Zum damaligen Zeitpunkt war Rieder längst Teil einer Gegenbewegung. Die ging gegen die rechtsextreme Gruppe vor, die sich rund um den früheren NPD-Aktivisten Paul Weber gescharrt habe und stark gewachsen sei, sagt Rieder: „Sie waren eine starke Gemeinschaft und man musste wenig können außer Sprücheklopfen. Deshalb hatten sie starken Zustrom, es trat ein Sog-Effekt ein.“

Nachdem ein Punk-Konzert der Toy Dolls in Mengen von Skinheads gestört worden war und nur unter „riesigem Polizeiaufgebot“ hatte stattfinden können, schrieb Rieder einen Leserbrief, denn ein Artikel in der Zeitung erwähnte den Angriff der Neonazis nur als Randerscheinung der Veranstaltung.

Die Neonazis machten Rieder aufgrund der Adressangabe beim Leserbrief ausfindig, es folgte der Anschlag.

Daraufhin gründete sich der Antifa-Aktionskreis, der sich laut Rieder zur Aufgabe setzte, sich zu vernetzen, gegen Rechtsextreme zu demonstrieren und sich zu wehren. „Uns war klar, wir müssen uns organisieren, denn es wird schlimmer“, so Rieder im Gespräch mit Schwäbische.de.

Er sollte recht behalten. Der Anführer der Neonazi-Gruppe suchte Rieders Arbeitsplatz, das Sigmaringer Krankenhaus auf. Dort macht Rieder damals eine Ausbildung zum Krankenpfleger.

Der Angreifer täuschte eine Verletzung vor, wurde in die Notaufnahme geschickt und verschwand im Klinikgebäude.

Das Personal fand ihn schließlich in einer Küche, in der er sich gerade ein Messer genommen hatte.

Rieder kam wieder mit Glück davon: In dieser Nacht hatte er dienstfrei. Die Polizei griff den Anführer auf, er wurde festgenommen. „Danach wurde es spürbar ruhiger“, sagt Rieder.

Ein weiterer Vorfall, der half: Bei einem Fest stellte Rieder einen anderen Anführer zur Rede und forderte ihn zum Zweikampf auf. „Doch er hat den Schwanz eingezogen. Der Rest verlor den Respekt vor ihm als Anführer“, so Rieder. Auch das verstärkte Eingreifen der Polizei habe dazu beigetragen, die Gruppen zu vertreiben.

Doch es gibt immer noch aktive Rechtsextreme im Kreis Sigmaringen, zum Beispiel in Bingen und Sigmaringen. Betroffen ist aber auch ein Sicherheitsdienst in Pfullendorf.

Der Motorradclub „Uncommon Ghost Oberschwaben“, der laut Recherchen von Rieders Netzwerk 2007 ein Rechtsrockkonzert organisiert hat, betreibt seit 2016 ein Vereinsheim in Ostrach.

„Die Szene gibt es weiterhin“, sagt Rieder und zeigt sich umso besorgter im Hinblick auf das Erstarken der AfD. Die Partei schüre Ängste und schlage Lösungen vor, die zu einfach seien.

Als Beispiel nennt Rieder die Gasversorgung, für die sich Deutschland trotz Ukraine-Krieg wieder von Russland abhängig machen soll. Auch in der übrigen Parteienlandschaft gebe es keine klare Haltung: „Die CDU grenzt sich nicht von der AfD ab.“

Umso wichtiger sei es, in der Öffentlichkeit für die Demokratie einzustehen - nicht nur auf Demonstrationen, sondern im Alltag. Das macht auch Rieder immer noch, indem er über Rechtsextremismus aufklärt und informiert, zusammen mit einer Organisation, deren Name er zum Schutz der Mitglieder nicht nennen möchte. Sein Fazit nach all den Erfahrungen: „Wir müssen für die Demokratie kämpfen.“

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Deutschland hat Anfang 2024 auf einen Schlag 60.000 neue ehrenamtliche Richterinnen und Richter bekommen. Sind darunter auch Extremisten? Rechte Gruppen hatten zur Bewerbung aufgerufen. LTO hat bundesweit nachgefragt.

Kaum im Amt, schon der erste Zwischenfall. Gleich im Februar 2024 musste das Landgericht Braunschweig in einem Strafverfahren eine Schöffin auswechseln, wegen Zweifeln an ihrer Verfassungstreue.

Britta T.-D. hatte in sozialen Medien zur Tötung des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro aufgerufen. "Tötet den Teufel" soll sie geschrieben haben.

Für die Frau war der Prozess in Niedersachsen ihr erster Einsatz als Schöffin. Ein Prozess, der unter besonderer Aufmerksamkeit stattfindet. Steht dort doch ein Mann vor Gericht, gegen den auch wegen des Mordes an der 2007 verschwundenen Madeleine McCann, genannt "Maddie", ermittelt wird. Und auf der Richterbank eine Frau, die Mordaufrufe postet?

Die Schöffin ist eine von rund 60.000 neuen ehrenamtlichen Richterinnen und Richter. Neben den Berufsrichtern entscheiden sie in Strafverfahren an Amts- oder Landgerichten mit.

Ihre Stimme zählt so viel wie die der Berufsrichterinnen und -richter, sie könnten sogar einen Einzelrichter überstimmen.

Die derzeit amtierenden Schöffinnen und Schöffen wurden erst am 1. Januar dieses Jahres ernannt. Die neue Schöffin in Braunschweig war damit nur wenige Wochen im Dienst. Über das Jahr 2023 fand bundesweit die Wahl für die Jahre 2024 bis einschließlich 2028 statt, gesucht wurden in allen Bundesländern neue Laienrichter für die Justiz.

LTO hat bei den zuständigen Justizministerien der Länder nachgefragt, wie die Wahl gelaufen ist, ob es Probleme im Ablauf gab, ob Verfassungsfeinde aufgefallen sind und wie die Justiz sich vor der Unterwanderung durch Extremisten schützt. Schließlich hatten im Vorfeld rechte und extremistische Gruppen ihre Anhänger dazu aufgerufen sich zu bewerben.

In den Antworten aus den Ministerien fiel besonders auf, dass drei Bundesländer Probleme im Vorfeld der eigentlichen Wahl hatten. Es ging dabei um die Vertrauenspersonen für den Schöffen-Wahlausschuss. Also die Leute, die die Schöffen wählen.

Außerdem konnte die Justiz vielerorts einen zum Teil deutlichen Anstieg bei den Bewerberzahlen im Vergleich zur letzten Wahlrunde feststellen. Aktuell wurden ihr einige wenige Fälle von extremistischen Schöffen bei Gericht bekannt.

Wie hoch eine unentdeckte Dunkelziffer ausfällt, lässt sich nicht abschätzen. Nicht zuletzt zeigt sich, dass die Länder uneinheitlich vorgehen, um, extremistische oder ungeeignete Kandidaten herauszufiltern.

Schöffinnen und Schöffen werden auch ehrenamtliche Richterinnen bzw. Richter genannt. Sie wirken in an Straf-, Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichten an der Urteilsfindung mit.

Im Strafprozess können sie gemeinsam mit den Berufsrichterinnen und -richtern Freiheitsstrafen verhängen und diese sogar überstimmen. Ihre Stimme hat also Gewicht.

Das Amt ist dafür geeignet die Justiz demokratisch zu kontrollieren, Bürgerinnen und Bürger in die Justiz zu integrieren und auf deren alltägliche Lebenserfahrung zurückzugreifen.

Falls jemand Interesse hat Schöffe zu werden:

https://www.arag.de/rechtsschutzversicherung/privatrechtsschutz/schoeffe-werden/

Es gibt eine Entschädigung von 7€/Stunde und Fahrtkostenerstattung. Ihr seid dann teil des Gerichts und euer Name bleibt anonym. Nächste Wahl ist 2028.

Den genauen Ablauf der Wahl in den einzelnen Bundesländern legen diese in Verwaltungsvorschriften fest. Der grobe Ablauf ist allerdings in allen Bundesländern gleich. Zunächst ermitteln die Gerichte ihren Bedarf an Schöffinnen und Schöffen. Den Bedarf teilen sie den Wahlausschussvorsitzenden und den Kommunen mit.

Diese informieren die Öffentlichkeit über die Wahl. Daraufhin können sich Menschen auf das Amt bewerben. Die jeweils zuständigen Ämter bereiten Vorschlagslisten mit den Bewerberinnen und Bewerbern vor.

Die Stadträte oder Kreistage wählen sodann sieben Vertrauenspersonen für jeden Schöffenwahlausschuss und beschließen die Vorschlagslisten. Die Listen werden dann öffentlich ausgelegt, sodass jeder und jeder Einspruch gegen Vorschläge erheben kann. Danach werden die Vorschlagslisten mit den eventuellen Einsprüchen an die jeweiligen Amtsgerichte weitergeleitet. Dort entscheidet der Wahlausschuss über die Einsprüche und wählt die neuen Schöffinnen bzw. Schöffen.

Die Justizministerien in Bremen, Sachsen und Thüringen berichteten auf Anfrage, von Auffälligkeiten schon bei der Vorbereitung der Schöffenwahl. Genauer: Bei der Wahl der Vertrauenspersonen, die wiederum die Schöffenkandidaten auswählen.

In Bremerhaven lehnte die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlungen einen Kandidaten der Partei "Bündnis Deutschland" (ehemals "Bürger in Wut") ab.

Mit 20 Prozent der Stimmen hätte ihr eigentlich ein Platz in dem Schöffenwahlgremium zugestanden, argumentierte die Partei. Auch in Thüringen soll es ähnliche Unsicherheiten im Vorfeld gegeben haben. Einige Fraktionen in Stadträten und Kreistagen, darunter auch die der AfD, seien davon ausgegangen, dass der Wahlausschuss spiegelbildlich zur Fraktionsverteilung zu besetzen sei.

Tja. Falsch gedacht.

Auch in Sachsen konnten zunächst keine Mehrheiten für einen Kandidaten gefunden werden. In Dresden wurde eine Vertrauensperson erst im 11. Wahldurchgang gewählt. In Leipzig focht die AfD-Fraktion im Stadtrat die Wahl der Vertrauenspersonen nachträglich an, weil ihr Vorschlag nicht die erforderliche Mehrheit erhalten hatte und der Stadtrat stattdessen einen anderen Kandidaten wählte.

Sie führte die Frage der Besetzung einer gerichtlichen Klärung zu. Im Wege eines Eilantrags zum Verwaltungsgericht (VG) Leipzig, wollte die Fraktion eine Neubestellung der Vertrauenspersonen erreichen. Das VG wies den Antrag jedoch ab (Beschl. v. 29.08.2023, Az. 6 L 394/23). Das Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) bestätigte diese Entscheidung und stellte klar, dass die Fraktionen nur ein Vorschlagrecht für die Vertrauenspersonen haben. Darüber hinaus müsse der gewählte Ausschuss nicht die Stärke der Fraktionen oder die Vielfalt der Bevölkerungsgruppen widerspiegeln.

So gut wie keinem Ministerium liegen Zahlen zu den Bewerbern vor. Die meisten ließen sich aber über Tendenzen aus den Gerichtsbezirken berichten. Aus den Antworten ergibt sich der Gesamteindruck, dass sich 2023 bundesweit mehr Menschen für das Ehrenamt beworben hatten als in der letzten Runde 2018.

Die Justizministerien Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Hessen, berichteten über einen Anstieg der Bewerberzahlen. Aus Baden-Württemberg kam sogar die Rückmeldung, es habe einen deutlichen Anstieg der Bewerberzahlen gegeben.

Auch Thüringen berichtete über großes Interesse. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen kam eine ausreichende Bewerberzahl zusammen. Vor den vergangenen Wahlperioden war die Sorge groß, ob sich genug Kandidaten für das Ehrenamt finden lassen. Gelingt das nicht, können Bürgerinnen und Bürger aus dem Einwohnermelderegister ausgelost und zwangsverpflichtet werden.

Warum die Bewerberzahlen nun vielerorts gestiegen sind, dazu haben die Ministerien keine Erkenntnisse.

Im Vorfeld des "Schöffen-Superwahljahrs" hatte es die Befürchtung gegeben, Rechtsextreme und Querdenker könnten den Weg in die Gerichte für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Die rechtsextreme Gruppe "Freie Sachsen" hatte etwa in einem Telegram-Kanal an ihre 150.000 Abonnenten appelliert, sich zu bewerben, u.a. um "den grünen Richter zu überstimmen, der bei Neubürgern wieder einmal kulturellen Strafrabatt geben will."

Auch Querdenker-Szenengrößen, AfD-Politiker und die fast vergessene NPD verbreiteten Bewerbungsaufrufe. Bereits 2018 hatte es ähnliche Aufrufe gegeben, damals zum Beispiel auch von Pegida.

Unter den Bewerberinnen und Bewerbern sind den Ländern laut eigener Auskunft nur einige wenige Extremismusfälle aufgefallen. Als Extremisten bezeichnet man Personen, die den demokratischen Verfassungsstaat und seine fundamentalen Werte ablehnen, etwa Menschenwürde oder unabhängige Gerichte, oft verbunden mit Gewaltbereitschaft.

So berichtete Hessen von zwei aktuellen Vorfällen. Einmal sei eine vorgeschlagene Person nicht gewählt worden, weil bei ihr eine "zumindest ausländerkritische Einstellung bekannt gewesen sei".

Ein anderer Bewerber sei nicht gewählt worden, der im Vorstand der hessischen AfD war. Weitere Details zu Extremismusvorwürfen wurden nicht mitgeteilt. In Baden-Württemberg wurde ein Schöffe zunächst gewählt, der wegen Volksverhetzung vorbestraft gewesen war. Er wurde nachträglich durch Gerichtsbeschluss von der Schöffenliste gestrichen.

Mit Ablauf der Schöffen-Amtszeit Ende 2023 konnten die Länder nun auch Bilanz ziehen, wie viele Fälle in den vergangenen fünf Jahren an den deutschen Gerichten bekannt geworden sind. In Brandenburg wurde 2021 ein Schöffe nach Äußerungen zur Corona-Politik von seinem Amt ausgeschlossen, da aus seiner Aussage eine ablehnende Grundeinstellung gegenüber der Bundesrepublik und ihren Verfassungswerten hervorgegangen sei, so das Ministerium.

Auch in Rheinland-Pfalz kam es zur Amtsenthebung eines Schöffen wegen mutmaßlich mangelnder Verfassungstreue. Nähere Angaben, ob es sich dabei um einen links- oder rechtsextremistischen Fall gehandelt hat, machte das Ministerium nicht.

Also rechts.

In Thüringen wurde eine Schöffin wegen Verletzung des Mäßigungsverbots ausgeschlossen. Nähere Angaben machte das Ministerium dazu nicht.

Bekannt geworden war dort aber der Fall einer extrem rechten Aktivistin, die 2023 als Schöffin an einem Strafprozess gegen mutmaßliche Schleuser am Landgericht Erfurt beteiligt war. Also einem Verfahren, das unmittelbar mit dem rechten Reizthema Migration zusammenhängt.

Die Frau hatte 2022 in Erfurt eine große Demo mit Vertretern von Pegida, dem rechten "Compact Magazin" und mit AfD-Landeschef Björn Höcke angemeldet. Der Prozess platzte durch ihren nachträglichen Ausschluss und musste neu verhandelt werden, wie der MDR berichtete.

Das Justizministerium Rheinland-Pfalz teilte mit, dass das Oberlandesgericht Zweibrücken in einem Fall über das weitere Schicksal eines Schöffen entscheiden musste. Anlass waren Äußerungen auf seinem Facebook-Profil, die eine Überprüfung der Verfassungstreue veranlasst hätten. Näheres zum Inhalt teilte das Ministerium nicht mit. Am Ende habe aber keine Pflichtverletzung festgestellt werden können.

Den Ministerien in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Bremen, sind keine Fälle bekannt.

Berlin und NRW konnten keine Auskunft geben und verwiesen auf die Gerichte.

Eine vom Bundesjustizministerium in letzter Minute angekündigte Gesetzesänderung der Zugangsregeln, um Extremistinnen und Extremisten von dem Amt ausschließen zu können, entfaltet vor allem deklaratorische Wirkung. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2008 klargestellt: Bei wem Zweifel an der Verfassungstreue bestehen, der darf nicht Schöffin oder Schöffe werden. Es gelten die gleiche Zugangsregeln für Berufsrichter wie für Ehrenamtliche.

Das eigentliche Problem bleibt aber: Wann gibt es Zweifel an der Geeignetheit für das Schöffenamt? Und wer überprüft das? Konkret: Ob ein Post auf Social Media noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Kritik oder schon verfassungsfeindlich ist, kann eine anspruchsvolle Prüfung erfordern.

Bisher ist der Auswahlprozess ein umständliches Zusammenspiel der Gemeinde und dem Auswahlgremium am Amtsgericht. Im Zweifel muss die zuständige Amtsrichterin oder der Amtsrichter aus über hundert Bewerberinnen und Bewerbern auswählen, zu denen nur ein knappes DIN-A4-Blättchen mit Namen, Beruf und Kontaktadresse vorliegt.

Wie die Länder dabei genau vorgehen, ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Die Ansätze reichen von Hoffnung und Vertrauen, über Fragebögen ("Sind Sie Extremist?"), bis hin zur konkreten Überprüfung durch eine extra beauftragte Behörde.

In Bayern müssen Bewerberinnen und Bewerber auf dem Bewerbungsformular erklären, dass sie nicht Mitglied in einer extremistischen Organisation sind und keine solche unterstützen. Auch in Thüringen wird eine ausdrückliche Erklärung zur Verfassungstreue und freiheitlich demokratischen Grundordnung verlangt.

Dass durch freiwillige Auskunft dabei Extremisten entdeckt werden, kann man für eher unwahrscheinlich halten.

Dass diese Abfrage möglicherweise Extremisten abschreckt, scheint schon eher möglich. In Sachsen und Sachsen-Anhalt schwören die Schöff:innen zu Beginn der ersten Sitzung, die Pflichten eines ehrenamtlichen Richters getreu dem Grundgesetz zu erfüllen. Ob jemand, der so weit gekommen ist, in seiner ersten Sitzung dann noch einen Rückzieher macht?

Zahlreiche Bundesländer, darunter Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt setzen ausdrücklich auf die Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Die Ministerien gehen davon aus, dass Extremist:innen in der Regel bereits vor der Wahl auffällig geworden sind.

Insbesondere innerhalb kleinerer Gemeinden dürften Menschen mit extremistischer Einstellung bekannt sein, so das Kalkül. Das Justizministerium Rheinland-Pfalz erläuterte, die Mitglieder der Wahlausschüsse seien in ihrer Wahlregion wohnhaft oder dienstansässig und würden deshalb auffällige Bewerber:innen kennen.

Bremen hat bei der Aufstellung der Vorschlagslisten das Statistische Landesamt eingeschaltet. Das dortige Justizministerium teilte auf LTO-Anfrage mit, das Amt habe die Bewerberinnen und Bewerber vor der Wahl mittels Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen überprüft. Welche Quellen das sind, teilte das Ministerium nicht mit. Öffentlich zugängliche Quellen könnten aber beispielsweise Profile und Beiträge in Sozialen Medien sein. Auch fragt das Amt bei Bewerber:innen ihre Motivation für das Schöffenamt ab.

In Hessen hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Justizbehörden einschließlich der Gerichte für Absichten von Rechtsextremisten, sich als Schöffen zu bewerben, sensibilisiert. Dies sei in schriftlicher Form unter Aufzeigen der Strategien von Rechtsextremisten in Bezug auf die Schöffenwahl erfolgt, teilt das Amt auf LTO-Anfrage mit.

Auch auf die Gefahren einer Einflussnahme auf die Rechtspflege seien die Verfassungsschützer eingegangen. In Bayern kommt der Verfassungsschutz zum Zug, wenn sich im Bewerbungsprozess Anhaltspunkte für Extremismus ergeben.

Daneben haben die Vorsitzenden der Schöffenwahlausschüsse die Befugnis einen Auszug des Bundeszentralregisters der Bewerber:innen einzuholen. Haben diese dort einen Eintrag wegen einer extremistisch motivierten Straftat oder einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe vor mehr als sechs Monaten sind sie nach § 32 Gerichtsverfassungsgesetz unfähig für das Amt.

Wie erfolgreich diese Instrumente in der aktuellen Wahlrunde waren, bleibt unklar. Kein Justizministerium berichtete von einem Fall, in dem Bewerber:innen wegen einer extremistischen Einstellung schon während des Bewerbungsprozesses ausgeschlossen wurden.

Überhaupt sind in dieser und letzter Runde angesichts 60.000 neuer ehrenamtlicher Richter nur vergleichsweise wenige Fälle aufgetaucht. Eine planvolle Unterwanderung von rechts ließ sich für die abgelaufene Wahlperiode aus Sicht der Justizministerien nicht erkennen.

Und jedenfalls auch in dem aktuellen Bewerbungsverfahren wurde für die Ministerien keine solche Entwicklung sichtbar. Dabei dürfte klar sein, dass die 60.000 Bürgerinnen und Bürger einen Ausschnitt aus der Breite der Gesellschaft darstellen werden.

In einem Maß, in dem extremistische Ansichten dort verbreitet sind, werden sie auch an die Gerichte kommen. Was sich übrigens für die gut 20.000 Berufsrichter und 6.000 Staatsanwälte gleichfalls nicht ausschließen lässt, wie etwa der Fall des Richters Jens Maier in Sachsen zeigt.

Zwar seien Personen im Bewerbungs- oder Wahlprozess ausgeschlossen worden, aber nicht wegen Extremismus, sondern etwa wegen Privatinsolvenz, Überschreiten der Altersgrenze, beruflicher oder Gesundheitsgründe, heißt es in den Antworten. In Schleswig-Holstein wurden zwei Personen wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgeschlossen.

Das Justizministerium Thüringen bilanzierte in seiner Antwort offen, vollständig sicherstellen könne man eben nicht, dass keine Extremisten sich als Schöffen einschleichen. Das schon mit Blick auf die große Zahl der benötigten Schöffinnen und Schöffen, sowie des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Damit bleibt vor allem Unsicherheit. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht schon 2008 den Ländern nachdrücklich mit auf den Weg gegeben: Die Landesjustizverwaltungen müssen streng auf die Schöffenauswahl und mögliche Gefahren achten. Eine Passage, die dazu auffordert, sich über das grundlegende Konzept Gedanken zu machen.

Passiert ist nicht allzu viel, die Länder hangeln sich von Schöffenwahljahr zu Schöffenwahljahr. Dabei könnte man sich etwa mit einer gut angelegten Studie darüber vergewissern, wer eigentlich in Deutschland Schöffin oder Schöffe wird, wo die Probleme im System liegen und wie man die Kommunen und Amtsgerichte unterstützen könnte. Am besten vor der nächsten Schöffenwahl 2028.

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Im Februar 2023 sollen bei einem Neonazi-Aufmarsch in Budapest Teilnehmer schwer verletzt worden sein. Zehn Beschuldigte kommen aus Sachsen und Thüringen. Deren Eltern fürchten Schauprozesse in Ungarn.

Leipzig. Die Eltern der wegen mutmaßlicher Angriffe auf Rechtsextreme in Ungarn Angeklagten aus Sachsen und Thüringen wenden sich mit einen Brief an die Öffentlichkeit. Sie verweisen auf rechtsstaatliche Missstände und prekäre Haftbedingungen in Ungarn. Deswegen baten sie am Mittwoch die deutsche Justiz, ihre Kinder nicht auszuliefern.

Die Beschuldigten sollen teils zum Umfeld der verurteilten Leipziger Studentin Lina E. gehören. Ihnen wird vorgeworfen, im Februar 2023 beim jährlichen Neonazi-Aufmarsch „Tag der Ehre“ in der ungarischen Hauptstadt Budapest mehrere Rechtsextreme teils schwer verletzt zu haben.

Nach Fahndungen auch in Deutschland wurde Simeon T., die sich inzwischen Maja T. nennt, im Dezember 2023 in Berlin festgenommen. Seitdem sitzt sie auf Antrag der bis dato ermittelnden sächsischen Generalstaatsanwaltschaft in Dresden in Haft. Sowohl die ungarischen als auch die deutschen Behörden suchen weiterhin nach den anderen neun Beschuldigten.

Im März 2024 übernahm der Generalbundesanwalt (GBA) die Ermittlungen in Deutschland – was für ein Strafverfahren im Land und gegen eine Auslieferung sprechen konnte. Doch die Ermittler in Karlsruhe schlossen eine Auslieferung an die ungarische Justiz nicht aus, heißt es im Offenen Brief der Eltern. Dies nährt nun deren Sorge, dass die Beschuldigten unter nicht rechtsstaatlichen Bedingungen verurteilt und inhaftiert werden könnten.

In den vergangenen 20 Jahren habe sich die politische Lage in Ungarn stark verändert, heißt es weiter im Brief. „Die fehlende Unabhängigkeit der Justiz, der Abbau freier Medien, Korruption und Berichte über menschenunwürdige Haftbedingungen sind allseits bekannt. [...] In der aktuellen politischen Situation, in der Ungarn aufgrund fehlender Rechtsstaatlichkeit und fehlender Unabhängigkeit der Justiz auf EU-Ebene verklagt wird, ist unsere berechtigte Angst, dass es dort einen politisch motivierten Schauprozess geben könnte.“

Es wird befürchtet, dass die zehn Beschuldigten aus Deutschland in Ungarn zu 24 Jahren Haft verurteilt werden könnten. Zum Vergleich: Die Leipziger Studentin Lina E. wurden wegen ähnlicher Vorwürfe sowie Bildung einer kriminellen Vereinigung zuletzt in Dresden zu fünf Jahren Haft verurteilt.

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Er freut sich darauf, im Einsatz linke Zecken zu verprügeln und gilt polizeiintern als Menschenfeind: Kontext liegen Chatprotokolle vor, in denen der Beamte Rainer Jäger (Name geändert) mit Gewalttaten prahlt. Konsequenzen hatte das bislang nicht, aber das könnte sich bald ändern.

Am 28. Juli 2017 bekommt Polizeiobermeister Rainer Jäger, der in Wahrheit anders heißt, eine Nachricht: Wie war es denn in Hamburg?, will jemand wissen.

Jäger, damals 28 Jahre alt, war von Baden-Württemberg aus im Einsatz, um den G20-Gipfel 2017 abzusichern.

Doch nach Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstrant:innen schreibt er: "Schlimm. Diese ganze Gewalt und Zerstörung." Kurz darauf folgt die Aufklärung: "Das war ein Scherz. Es war Mega gut." Er habe "ordentlich ausgeteilt" und "hoffe nur das ich keine Post aus hh bekomme". Die Post kam – doch Jäger hat sich zu Unrecht Sorgen gemacht.

Im Hochsommer 2017 brannten Barrikaden im Hamburger Schanzenviertel, der Protest rund um den G20-Gipfel eskalierte. Doch am 8. Juli, dem Tag nach den schweren Krawallen, entspannt sich die Stimmung in der Stadt wieder leicht.

Seit 18 Uhr ist das Demonstrationsverbot, das zwischenzeitlich für die Hamburger Innenstadt galt, aufgehoben. Etwa 20 junge Menschen starten am Pferdemarkt in St. Pauli die friedliche Aktion "Lieber tanz ich als G20", mit der sie – so geben es Beteiligte später zu Protokoll – für gute Laune sorgen wollten.

Ein Video, das die Polizei selbst angefertigt hat, zeigt dann allerdings, wie mehrere Beamte losrennen, nicht nur die Musikanlage in ihre Einzelteile zerlegen, sondern ohne Vorwarnung auf die jungen Leute einschlagen.

„Es hat keine Polizeigewalt gegeben.“ - Olaf Scholz

Betroffen ist auch Lola D., damals 26 Jahre alt, hauptberuflich Erzieherin und nebenher als Flamenco-Tänzerin aktiv. Ein Schlagstock bricht ihr das Wadenbein; bis sie wieder tanzen kann, vergehen fast 1,5 Jahre.

Dass die Gewaltanwendung gegen sie rechtswidrig war, ist längst vor Gericht geklärt. So erhielt sie nach einer Klage knapp 5.000 Euro Schadensersatz. Allerdings bleibt das abstrakt: Schuldig gesprochen ist hier die Polizei als Institution. Der konkrete Täter musste sich jedoch nie auf einer Anklagebank verantworten.

Dabei konnte der Kreis der Verdächtigen stark eingegrenzt werden. Von den circa 29.000 Polizist:innen, die während des Hamburger G20-Gipfels im Einsatz waren, kommen nach internen Ermittlungen nur noch drei in Frage.

Auf den Videoaufnahmen tragen die Beamten zwar Uniform und Helm, somit sind kaum körperliche Merkmale zu sehen. Allerdings ist beim Täter eindeutig die Kennzeichnung "BFE 1160" zu erkennen.

Damit ist klar, dass jemand von der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) des Polizeipräsidiums Einsatz aus Baden-Württemberg, Direktion Bruchsal, zugeschlagen haben muss.

So blieben schnell nur noch drei potenzielle Täter übrig. Der weitere Ermittlungseifer hielt sich dann aber in Grenzen. Weil es die zuständige Staatsanwaltschaft in Hamburg für aussichtslos hielt, den Täter eindeutig zu ermitteln, wurde das Verfahren mehrfach eingestellt – und nach Beschwerde durch den Anwalt der Geschädigten, Dieter Magsam, wieder eröffnet.

Zudem lehnte das Amtsgericht Hamburg Hausdurchsuchungen bei den Verdächtigen zunächst "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit" ab.

Das Hamburger Landgericht korrigierte diese Einschätzung zwar später. Allerdings wurden die Razzien erst im Februar 2023 vollstreckt, also knapp sechs Jahre nach der Tat.

Und doch konnten dabei relevante Informationen zutage gefördert werden. So schreibt die Hamburger Polizei in einem Ermittlungsvermerk, dass verschiedene technische Geräte beschlagnahmt und forensisch ausgewertet worden seien. Insbesondere in Chatprotokollen gebe es Daten, "die den Verdacht erhärten, dass es sich bei dem Beschuldigten [Jäger] um den Täter handelt. Zusätzlich wurden als Zufallsfunde diverse Gesprächsinhalte festgestellt, die auf eine hohe Gewaltbereitschaft und menschenverachtendes Verhalten des Beschuldigten [Jäger] schließen lassen".

Etwa wäre da ein Bild, das Jäger am 9. Juli 2017, also einen Tag nach dem Vorfall am Pferdemarkt, verschickt hat: Es zeigt die Hamburger Hafenkulisse, ein Schriftzug definiert den Zweck von BFE-Einheiten mit "Jagen und keine Gnade".

Einige Monate später eröffnet ein Chatpartner von Jäger die Unterhaltung wenig diskret mit: "So jetzt mal zu dir Du Hamburger Schlächter."

Der Verdächtigte ist sich sicher: "Mich kriegen sie nicht!" Zwar habe "die Tussi" offenbar Anzeige gestellt. Dass nun Kolleg:innen aus der Hansestadt anreisen, um beim Bruchsaler Präsidium zu ermitteln, sieht Jäger dennoch gelassen: Er hält das für "mega unnötig", denn auf dem Video "siehst null Komma null".

Als Jäger schreibt, dass "scheinbar ne Frau" die Vernehmung durchführen soll, rät sein Chatpartner: "Kannst ja bissle schmeicheln".

Würg

Die Nachrichtenverläufe offenbaren auch abseits der Vorfälle um den G20-Gipfel eine krude Gedankenwelt, in der Gewalt eine Genussquelle darstellt.

Als ihn ein Freund fragt, ob er aus privatem Interesse im Stadion von Hertha BSC Berlin gelandet ist, entgegnet der Prügelpolizist: "Nein ich bin zum schlagen hier".

Das sind genau die Leute, die ein Gewaltmonopol haben sollten.

Einmal schreibt Jäger einem Kontakt, der als "Mama" eingespeichert ist: "Heute konnte ich seit langem endlich wieder einen Menschen schlagen", das sei "richtig befriedigend" gewesen, aber "Jetzt heim Couch und Bier".

"Ach du Armer", entgegnet die mutmaßliche Mutter: "Bist du unbefriedigt. Hat er dich auch geschlagen?" Die Frage wird verneint. "Aber hab mir abartig das Knie gestoßen.. an der Tribüne beim Hinsetzen.. junge junge."

Das tut mir jetzt aber leid.

Aus den polizeiinternen Ermittlungsunterlagen geht hervor, dass Jäger viele Nachrichtenverläufe aus dem Jahr 2017 gelöscht hat. Teils konnten sie rekonstruiert werden. Allerdings ist nicht mehr überall ersichtlich, von welchem Gesprächspartner was geschrieben wurde.

Doch auch so offenbaren die Chats, wie Unterhaltungen unter Polizei-Kameraden ablaufen können. Im Dialog unter Staatsdienern bekunden zwei Beamtete ihr Bedürfnis, mal wieder "Kanaken und neger [zu] schlagen", sie schicken sich Youtube-Links zu Videos von rabiaten Einsätzen, aber klagen dann "gute gewalt ist keine drauf...". Vielleicht gibt ja das eigene Material mehr her: "Hast du generell noch Zeug von unseren prügelorgien?"

Durchschnittlicher BSEler

Bei einem Zwischenstandbericht, wie es gerade auf einer Demo am 1. Mai 2019 zugeht, schreibt einer: "Hoffentlich kann ich einem Noch einen Eka auf den Kopf schlagen", wobei der "Eka" im Polizeijargon für einen Schlagstock steht.

Einmal wird das Einsatzziel im kollegialen Austausch konkret beschrieben mit: "Du sollst in nrw zecken verprügeln."

Später schreibt ein Beamter über den Einsatz, dass er mit seiner "persönlichen Bilanz" "äußerst zufrieden" sei, da er nun neues Pfefferspray brauche.

Und: "Einer der evtl gegen meinen Trupp gelaufen ist hat am Schluss über den Lautsprecherwagen jemand Gesucht der ihn mit heimnimmt .. er konnte nicht mehr laufen....."

In der gleichen Unterhaltung heißt es dann noch: "ich kann nicht mehr über meine Vorfälle schreiben, du weist Handyauswertung" – wobei es sich der Verfasser nicht nehmen lässt, noch zu betonen, dass sich ein Freiburger Hals-Nasen-Ohren-Arzt morgen über ein paar Neukunden freuen könne.

An anderer Stelle bezeichnet Jäger seinen Gesprächspartner als "Rassist", was der als Kompliment auffasst und sich bedankt. Jäger bekräftigt daraufhin: "Ich zweifel an der Intelligenz jedes Polizeibeamten der kein rassist ist."

Sympathisch.

In einem anderen Chat-Verlauf, der gelöscht worden ist und bei dem nach der Wiederherstellung unklar bleibt, wer von den beiden was gesagt hat, klagt entweder Jäger oder ein Kollege: "Um 02 aufgestanden um einen deutsche Flughafen vor einer eselfickenden Fachkraft zu beschützen."

Es entspinnt sich eine Unterhaltung, dass angesichts der Zustände im Land eine Enklave irgendwo schon gut wäre, vielleicht unter dem Namen "Nationalsozialistische Republik neu Deutschland", ein "Land in dem wir gut und gerne leben", "irgendwo im Dschungel. Da können wir dann auch das Haus von Mutti Merkel suchen und ihr mal was erzählen." – "Oder ganz andere Sachen mit ihr machen."

Der Typ hat Zugang zu Waffen.

Bei dem Beamten Jäger werde "eine aus hiesiger Sicht hoch problematische Dienstauffassung erkennbar", schreibt die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg.

Untertreibung des Monats.

Allerdings nicht in einer Anklageschrift, sondern in einem Einstellungsbescheid, der die Ermittlungen für beendet erklärt. So habe es bei der Durchsicht von Jägers Datenbeständen zwar Hinweise gegeben, "dass dieser im Verlaufe der Hamburger Einsätze Gewalt angewendet und Gefallen hieran gefunden hat".

Doch hätten es die Funde nicht ermöglicht, dem Beschuldigten den konkreten Schlag gegen das Bein der Tänzerin "mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen".

So reiht sich der Fall ein in die lange Reihe von Ermittlungen gegen die Exekutive, die gescheitert sind. Allein nach dem G20-Gipfel in Hamburg kam es zu 157 Anzeigen gegen Polizist:innen.

Trotz etlichen Stunden an Videomaterial, das brutales Vorgehen der Einsatzkräfte dokumentiert, und vielen nachweislich schwer verletzten Demonstrant:innen, gab es bislang nur ein Urteil: Weil der Polizist Klaus M. einen anderen Polizisten im Einsatz leicht am kleinen Finger verletzt hat, wurde gegen ihn eine Verwarnung unter Strafvorbehalt ausgesprochen. Falls er sich binnen eines Jahres noch etwas zuschulden kommen lassen sollte, werden 3.200 Euro Strafe fällig.

Gut, dass man seine Prioritäten richtig setzt.

Die allermeisten Verfahren wurden indessen endgültig eingestellt, oftmals weil eine Identifizierung der Täter nicht gelang. Bei dem gebrochenen Bein der Tänzerin wäre der Nachweis ein Leichtes gewesen, wenn BFE-Einheiten aus Baden-Württemberg schon damals eine eindeutige Kennzeichnung an der Uniform hätten tragen müssen.

Nach über einem Jahrzehnt Debatte hat der Landtag das im Juni 2023 verpflichtend vorgeschrieben – gegen erbitterten Widerstand aus den Polizeigewerkschaften DPolG und GdP.

Diese hatten wiederholt von einem "Misstrauensvotum" und einem "Generalverdacht" gesprochen, und im Interview mit dem SWR durfte Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der DPolG Baden-Württemberg, unwidersprochen behaupten, "dass wir keinen einzigen Fall haben in Baden-Württemberg, bei dem wir einen Beamten, dem man ein Fehlverhalten, ein vermeintliches Fehlverhalten vorgeworfen hat, nicht identifizieren konnten".

Ah, nice. Also weiß man wer die Täter sind und deckt sie.

Dabei sollte es gerade in Baden-Württemberg noch Erinnerungen an den 30. September 2010 geben: Im Stuttgarter Schlossgarten wurden bei einem rechtswidrigen Polizeieinsatz hunderte friedlich Demonstrierende verletzt, ein Rentner mit einem Wasserwerfer bis zur Erblindung beschossen.

Doku (TW: Blut, Polizeigewalt). Der Typ war ein Held und hat sich zwischen Polizei und Demonstranten gestellt, als die eine Schülerdemo niederknüppeln wollten.

In der Abschlussbilanz des Justizministeriums von 2013 wird ausgeführt, dass allein in diesem Fall 156 Verfahren gegen unbekannte Polizeibeamte eingestellt worden sind, "weil kein strafbares Verhalten feststellbar war oder kein Beschuldigter identifiziert werden konnte".

Dass sich Kolleg:innen bei der Polizei nur selten ans Messer liefern, ist indessen altbekannt. Rechtsanwalt Dieter Magsam, der die Geschädigte Lola D. über viele Jahre vertreten hat, ist nicht nur entsetzt über den Gewalttourismus, an dem sich manche behelmte Polizisten offenbar erfreuen.

Er geht auch davon aus, dass irgendwann mal irgendwer beim Präsidium Einsatz mitbekommen haben müsste, wie der Beamte Jäger tickt. Der Anwalt wäre der Ansicht, dass solche Polizist:innen dringend aus dem Dienst entfernt werden sollten.

Dass es dazu kommt, ist nicht ausgeschlossen, denn beim baden-württembergischen Präsidium Einsatz werden gegenwärtig disziplinarrechtliche Maßnahmen geprüft. Ein Sprecher erläutert gegenüber der Redaktion, dass die Polizei vor eigenen Schritten zunächst den Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten wollte. Vergangene Woche habe die Hamburger Staatsanwaltschaft nun die Akten überliefert. Wie lange deren Auswertung dauern werde, sei noch nicht absehbar, teilt der Sprecher mit. Insbesondere die Chat-Verläufe werde man sich sehr genau ansehen.

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36 Eggesiner bewerben sich für einen Sitz in der Stadtvertretung. Mit dabei ist eine neue Wählergruppe. Eine Partei tritt unter neuem Namen an - mit zwei Kandidaten.

Auch die Einwohner von Eggesin sind am 9. Juni aufgefordert, an die Wahlurne treten. Zu wählen sind neben dem EU-Parlament der Kreistag und auch die Stadtvertretung von Eggesin. Für letztere gibt es 36 Kandidaten auf sieben Wahlvorschlägen, teilte Wahlleiterin Cornelia Preußer mit.

Mit dabei sind wieder CDU, SPD, Die Linke und das Bürgerbündnis mit Kompetenz für Vorpommern. Ganz neu gegründet hat sich das Bündnis für Kinder, Jugend und Familie (BKJF).

Die als rechtsextrem eingestufte NPD wird nicht mehr auf dem Stimmzettel stehen. Stattdessen wird dort ihre Nachfolgepartei Die Heimat aufgeführt sein. Außerdem bewirbt sich der Einwohner Kevin Lietz als Einzelbewerber für ein Mandat in der Stadtvertretung.

Die CDU tritt mit den meisten Kandidaten für die Stadtvertreterwahl an. Es sind zehn. Die Liste wird von Stadtpräsident Gerhard Tewis, Arno Zimmermann und Mandy Papke angeführt. Die SPD folgt mit acht Bewerbern. Michael Schulz, Berit Reinhardt und Christian Lieckfeldt stehen hier auf den ersten drei Plätzen.

Die Linke geht mit sechs Personen ins Rennen. An der Spitze der Liste stehen Udo Lehmann, Eckhard Budy und Elfi Erdmann. Sechs Kandidaten sind es auch bei der Wählergruppe Bündnis für Kinder, Jugend und Familie. Die Liste wird von Beate Jesse, die bisher für die CDU in der Stadtvertretung saß, Stefan Stein und Matthias Buß angeführt.

Vier Bewerber stellen sich beim Bürgerbündnis mit Kompetenz für Vorpommern (BB) der Wahl zur Stadtvertretung. Ganz von sind Christhilde Hansow, Gerhard Bauer und Ursula Wegner aufgestellt worden. Die Heimat stellt sich mit zwei Kandidaten zur Wahl. Das sind die bisherigen Stadtvertreter Mathias Panhey und Henry Schentz.

Panhey: https://www.endstation-rechts.de/news/unverzichtbare-unterstuetzer

Schentz: https://www.die-linke-pur.de/politik/meldungen/detail/news/npd-schickt-straftaeter-in-den-kreissozialausschuss/

Ein AfD-Kandidat, der im Januar von der Partei nominiert worden war, ist dann doch nicht angetreten, sagte der AfD-Kreisvorsitzende Jens Schulze-Wiehenbrauk. Damit wird es in der Eggesiner Stadtvertretung weiterhin keine AfD geben.

Von den 17 bisherigen Stadtvertretern gehen nur 13 wieder ins Rennen. Nicht mehr angetreten sind aus der CDU-Fraktion Friedrich-Wilhelm Pott und Jan Petrak. Bei der Linken wird Ines Jammrath nicht mehr kandidieren. Auch Einzelbewerber Rainer Kasch hat sich nicht mehr beworben.

Nach den Wahlen im Jahr 2019 hatte die CDU sechs Sitze in der Stadtvertretung. Die Linke und das Bürgerbündnis zogen mit jeweils drei Abgeordneten ein. Die SPD und die NPD waren mit je zwei Personen vertreten. Der 17. Stadtvertreter war Einzelbewerber Rainer Kasch.

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Etwa 20 Vermummte hatten am Samstag vier Mitglieder eines Motorradklubs aus Sachsen-Anhalt angegriffen. Die Soko "Linksextremismus" und der Staatsschutz ermitteln.

Nach der Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen an einem Bremer Kiosk vom Wochenende geht die Polizei von mutmaßlichen Tätern aus der linksextremen Szene aus. "Die Täter ordnen wir im Moment – es sprechen viele Tendenzen dafür – eher der linksextremen Szene zu", sagte Polizeisprecher Nils Matthiesen zu buten un binnen. Der Staatsschutz und die Sonderkommission "Linksextremismus" der Polizei haben Ermittlungen aufgenommen.

Bei dem Angriff in der Bremer Innenstadt hatten etwa 15 bis 20 Vermummte am Samstagabend auf vier Männer eingeschlagen. Ein Mann wird seitdem in einer Klinik versorgt.

Bei den Opfern handelt es sich laut der Polizei um Mitglieder eines Motorradklubs aus Sachsen-Anhalt. Dass es sich bei dem Angriff um eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Rockergruppen handelt, schließt die Polizei nach dem aktuellen Ermittlungsstand aus.

Die Polizei geht von mutmaßlichen Tätern aus der linksextremen Szene aus, da es im Vorfeld des Angriffs Beiträge in sozialen Netzwerken gegeben habe, in denen User darauf hingewiesen hätten, dass sich aktuell angeblich Rechtsextreme in Bremen aufhielten, erklärte Polizeisprecher Matthiesen.

So hatten Antifa-Aktivisten am Samstag über den Messenger-Dienst Telegram vermeldet, dass Mitglieder des als rechtsoffen geltenden Rockerklubs "Underdogs MC" und Bremer Neonazis kurz vor der Tat in Bremen unterwegs gewesen sein sollten.

Würde sagen die sind ein bisschen mehr als „nur“ rechtsoffen, wobei es in den letzten Jahren ziemlich ruhig um den Club war.

https://le1101.noblogs.org/post/2017/01/11/struktur-underdogs-mc-saalekreis/ https://haskala.de/2013/01/22/antwort-zur-kleinen-anfrage-neonazi-symbole-im-rockerklubhaus-des-underdogs-mc/

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Obwohl die Gewalt gegen Journalist:innen in Deutschland in 2023 zurückgegangen ist, liegt die Zahl der Übergriffe immer noch weit über jener vor der Corona-Pandemie. Das konstatiert ein neuer Bericht von Reporter ohne Grenzen. Die Gefahr kommt meist von rechts, betroffen war auch netzpolitik.org.

Nach einem dramatischen Anstieg während der Corona-Pandemie ist die Zahl gewalttätiger Übergriffe auf Journalist:innen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Das geht aus dem heute veröffentlichen Bericht „Nahaufnahme Deutschland“ der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor.

2022 hatte ROG einen Höchststand von mehr als 100 Angriffen gezählt. 2023 waren es „nur“ noch 41 Übergriffe, was immer noch rund drei Mal so viele Fälle sind wie vor der Pandemie.

„Im vergangenen Jahr wurden Reporter wieder verprügelt, ihre Ausrüstung wurde zerstört und ihnen wurde im Internet massiv gedroht“, sagt ROG-Vorstandsmitglied Michael Rediske in einer Pressemitteilung.

Zu den dokumentierten Fällen komme eine hohe Dunkelziffer, führt der Bericht weiter aus. Außerdem lasse sich eine neue Form von Angriff auf die Pressefreiheit beobachten: So wurden im Februar 2024 in mehreren Städten die Zufahrten von Presseverteilzentren und Druckereien unter anderem mit Traktoren zugestellt, um die Auslieferung von Zeitungen zu verhindern.

Insgesamt komme ein Großteil der Angriffe aus der rechtsextremen und verschwörungsideologischen Ecke, schreibt Reporter ohne Grenzen.

Mit Sachsen steche ein Bundesland besonders hervor, dort ereigneten sich ROG zufolge 12 verifizierte Angriffe. Dahinter folgen Bayern mit 6 und Berlin sowie Nordrhein-Westfalen mit jeweils 5 Vorfällen.

Entsprechend bedroht sind Journalist:innen, die über einschlägige Szenen berichten. So hetzten etwa AfD-Mitglieder öffentlich gegen die Enthüllungsplattform Correctiv und einzelne Reporter:innen, die Anfang des Jahres über ein Rechtsaußen-Geheimtreffen in Potsdam berichtet hatten. Auch soll ein Correctiv-Reporter einen anonymen Drohanruf erhalten haben, so der Bericht.

Von solchen Einschüchterungsversuchen blieb auch netzpolitik.org nicht verschont, das gemeinsam mit Correctiv eine Folgerecherche im rechten IT-Umfeld veröffentlicht hatte. Neben einer Vielzahl wütender E-Mails – leider inzwischen Alltag im journalistischen Bereich – erhielten wir zudem eine Bombendrohung, die so konkret ausfiel, dass wir Anzeige bei der Polizei erstatteten. Unsere Berichterstattung beeinflussen solche Methoden nicht.

In einer Analyse der politischen Rahmenbedingungen greift Reporter ohne Grenzen unter anderem den European Media Freedom Act (EMFA) heraus, der im März 2024 endgültig verabschiedet wurde. Das Gesetz enthalte erstmals EU-weite Regeln, welche die redaktionelle Unabhängigkeit der Redaktionen stärken, politische und wirtschaftliche Einmischung verhindern und die Risiken der Medienkonzentration begrenzen sollen, lobt die NGO.

Außerdem verbessere er den Quellenschutz und mache Fortschritte gegen die Überwachung von Journalist:innen. Allerdings überlasse der EMFA den einzelnen EU-Ländern, bei einer Gefährdung der nationalen Sicherheit gegebenenfalls Journalist:innen mit Staatstrojanern zu hacken und zu überwachen.

Generell warnt ROG vor der Gefahr durch staatliche Überwachung und beklagt etwa, dass weder EU-Kommission noch die EU-Länder den Empfehlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Pegasus-Skandal folgen wollen.

Damit sei absehbar, dass es auch künftig in der EU „keine wirksamen Exportkontrollen für Dual-Use-Güter wie Überwachungssoftware geben wird“, heißt es im Bericht. Der kritisiert zudem den bis heute fehlenden Kabinettsbeschluss für einen Gesetzentwurf, der die Eingriffsschwellen für den Einsatz von Spähsoftware erhöhen soll.

Überwiegend positiv sieht ROG die im Vorjahr auf Schiene gebrachten Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt, wenngleich sich bis heute noch nicht einmal ein Referentenentwurf materialisiert hat. Auch das im Vorjahr in Kraft getretene Hinweisgeberschutzgesetz begrüßt ROG, kritisiert jedoch Einschränkungen, die öffentliches Whistleblowing über Medien nur als allerletzen Ausweg vorsehen.

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Er baute eine Bombe und drohte Passanten: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein 36-Jähriger mit einem Sprengsatz gezielt Menschen töten wollte. In seiner Wohnung wurden demnach rechtsextreme Schriftstücke gefunden.

Am Wochenende fand die Polizei in der Wohnung eines 36-Jährigen einen zündfähigen Sprengsatz, nun stellt sich heraus, dass die Beamten in Halle offenbar die mutmaßlichen Terrorpläne eines Rechtsextremisten vereitelt haben. »Wir ermitteln wegen des Vorwurfs der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat«, sagte Staatsanwalt Dennis Cernota der »Mitteldeutschen Zeitung (MZ)« .

»Wir gehen davon aus, dass er Menschen aus seiner rassistischen und rechtsextremen Gesinnung heraus töten wollte«, so Cernota weiter. Dementsprechend sei auch der Generalbundesanwalt in Karlsruhe benachrichtigt worden, der sich mit besonders schwerwiegenden Terrorakten befasst.

Am Samstag hatte die Polizei in seiner Wohnung einen Gegenstand gefunden, bei dem es sich den Ermittlungen zufolge um einen zündfähigen Sprengsatz handelte.

Auch am Sonntag durchsuchten die Polizisten die Wohnung des Verdächtigen. Dabei seien Schriftstücke gefunden worden, die auf eine rassistische und rechtsextreme Gesinnung hindeuten, so Cernota.

Unklar bleibt weiterhin, ob der Verdächtige bereits konkrete Ziele oder Zeitpunkte für einen Anschlag hatte. Die Ermittler gehen jedoch davon aus, dass der Verdächtige den Sprengsatz in der Öffentlichkeit zünden und damit gezielt Menschen töten wollte.

Hinweise auf etwaige Mittäter oder Mitwisser seien derzeit nicht bekannt, wie Cernota der »MZ« mitteilte.

Am vergangenen Samstagmittag war die Polizei darüber informiert worden, dass der 36-Jährige aus dem Mehrfamilienhaus in der Schlosserstraße heraus rassistische Äußerungen von sich gebe und Passanten mit einem mutmaßlichen Gewehr bedrohe, hieß es. Bei der Überprüfung der Wohnung des Mannes habe es sich als Spielzeuggewehr erwiesen.

Den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge ist es nicht das erste Mal, dass der 36-Jährige in Konflikt mit dem Gesetz gerät. »Der Mann ist vielfach vorbestraft wegen verschiedenster Straftaten«, sagte Cernota. Demnach sei der Verdächtige unter anderem wegen Vermögens- und Gewaltdelikten auffällig geworden.

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Zwei Frauen haben am Freitag Anzeige erstattet, nachdem sie in Neukölln von einem jungen Mann und seiner Begleiterin angegriffen worden sein sollen.

Das berichtet die Berliner Polizei in einer Pressemitteilung. Die 36 und 47 Jahre alten Frauen gaben an, kurz vor 17 Uhr Hand in Hand auf dem Gehweg der Pannierstraße in Richtung Maybachufer gegangen zu sein.

Kurz vor der Kreuzung Pannierstraße/Framstraße seien ihnen die bislang unbekannten Jugendlichen entgegengekommen.

Sie sollen die 36 Jahre alte Frau plötzlich in den Intimbereich geschlagen haben. Die 47-Jährige habe versucht, ihre Partnerin zu verteidigen.

Daraufhin sollen die Jugendlichen beide Frauen zu Boden geschlagen und getreten haben. Anschließend sei das Duo in unbekannte Richtung geflüchtet. Die Polizei hat die Ermittlungen wegen Körperverletzung mit homophobem Hintergrund aufgenommen.

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Weil sie einen Blumentopf auf eine „Querdenker“-Demo in Düsseldorf geworfen hat, muss eine Anwohnerin 500 Euro zahlen. Das Amtsgericht wertete den Wurf am Montag als versuchte Körperverletzung und stellte das Strafverfahren gegen die Geldauflage ein.

Der leichte Alu-Topf sei kaum geeignet gewesen, schwere Verletzungen zu verursachen, die Frau sei unbescholten und der Vorfall lange her, so das Gericht.

Die Anwohnerin hatte den Topf-Wurf gestanden. Sie habe niemanden verletzen wollen, sondern nur auf den Wagen mit den Lautsprechern gezielt - und diesen auch getroffen. „Der leichte Topf ist von den Boxen abgeprallt.“

Nach mehreren privaten Schicksalsschlägen und einigen schweren Erkrankungsfällen habe es sie an jenem Tag einfach aufgebracht, „schon wieder hören zu müssen, wie die Coronaleugner auf der Straße ihre unsinnigen Parolen grölen“. Monatelang habe sie die wöchentlichen Demonstrationen ertragen müssen. „Da ist mir die Hutschnur gerissen.“

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Seit Februar verhandelt der Koblenzer Senat erneut über den gewaltsamen Tod des Ghanaers Samuel Yeboah. Diesmal ist ein langjähriger Anführer der Neonazi-Szene von Saarlouis angeklagt.

Der Mann, der an diesem Morgen auf dem Zeugenstuhl im größten Saal des Koblenzer Oberlandesgerichts Platz nimmt, hat seine ganz eigene Erklärung für den Tod von Samuel Yeboah.

Dass der junge Ghanaer am 19. September 1991 beim Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis starb, wäre demnach kein Rassismus. Keine Folge der mörderischen Neonazi-Ideologie, der der im vergangenen Jahr als Täter verurteilte Peter Werner S. anhing. Vielmehr: Es lag an ihm, dem Zeugen.

»Mein Gedanke ist, die haben das gemacht, weil die einen Hass auf mich hatten«, sagt der 55-Jährige. Aus Frust, weil er damals gerade sein Tattoo-Studio eröffnet habe – aber als Mitglied der Rockerszene keine Neonazis habe tätowieren wollen.

Eine »steile Theorie« nennt das Konrad Leitges, der Vorsitzende des Staatsschutzsenats Koblenz. Im Saal ist das eine oder andere vergeblich unterdrückte Grinsen zu erkennen.

Seit Februar verhandelt der Senat, der den früheren Neonazi-Skinhead Peter Werner S. im Oktober nach fast einjährigem Prozess als Mörder verurteilte, erneut über den gewaltsamen Tod von Samuel Yeboah.

Angeklagt ist diesmal Peter St., der langjährige Anführer der Neonazi-Szene von Saarlouis. Der heute 54-Jährige soll seinen Freund und Kameraden bei einem Besäufnis am Abend zuvor zum Anschlag bewegt haben.

Indem er, als das Gespräch auf die gerade begonnenen Pogrome von Hoyerswerda gekommen sei, sinngemäß gesagt habe: »Hier müsste auch mal so was brennen oder passieren.«

Angeklagt hat das die Bundesanwaltschaft als psychische Beihilfe zum Mord. Es könnte aber auch als strafrechtlich schwerer wiegende Anstiftung gewertet werden.

Wenn es sich denn beweisen lässt. Weil der dritte Neonazi, der damals in der Kneipe dabei war, seine belastende Aussage vor Gericht abschwächte, wurde Peter St. bereits aus der Untersuchungshaft entlassen.

Glaubt man dem Zeugen mit der eigenwilligen Mordtheorie, dann gibt es jedoch noch einen weiteren Hauptbelastungszeugen: Im vergangenen Sommer, erzählt der Mann, habe ihm ein altgedientes Szene-Mitglied bestätigt, dass der fragliche Satz im »Bayrischen Hof« gefallen sei.

Mehr noch: »Es wurde auch über den Brandsatz geredet. Wer was besorgt.« Das wäre, wenn es stimmen würde, so etwas wie die »smoking gun«, also ein schlagender Beweis. Aber kann man dem Mann glauben?

Den Auftritt des Zeugen wortreich zu nennen, ist noch untertrieben. Wo sich einstige Angehörige der rechten Szene einsilbig auf Erinnerungslücken berufen oder ihre Vergangenheit schönzufärben versuchen, würde der arbeitslose Ex-Tätowierer, so wirkt es, am liebsten seine gesamte Lebensgeschichte ausbreiten. Im Mittelpunkt zu stehen scheint ihm nicht direkt unangenehm zu sein.

Wird er bei Widersprüchen erwischt, erzählt er eben etwas anderes. Der rechte Aktivist, der ihm die Geheimnisse über den Kneipenabend vor mehr als 30 Jahren verraten haben soll, dagegen schweigt. Im Prozess gegen Peter Werner S. hat er die Aussage verweigert. Um sich nicht selbst belasten zu müssen.

Mangels des einen großen und klaren Beweises müht sich das Gericht derweil um Indizien. Um die Führungsrolle von Peter St. in der Saarlouiser Szene geht es, um seine Befehlsgewalt und die Abhängigkeit seines Freundes Peter Werner S. Und dann ist da noch die Frage, ob die saarländischen Neonazis im Vor-Internet-Zeitalter überhaupt schon wissen konnten, dass in Hoyerswerda Molotow-Cocktails auf ein Wohnheim von Vietnamesinnen geworfen wurden, als sie an jenem Abend in der Kneipe saßen.

Das Gericht bezweifelt das. Für die Anwältinnen, die mehrere Überlebende von Saarlouis vertreten, kommt es darauf allerdings gar nicht an. Sie glauben, dass sich das Gespräch in Wahrheit um den 31. August 1991 und um Leipzig-Grünau drehte.

Dann is ja gut

Auch da hatte ein brauner Mob randaliert, waren Brandsätze geflogen. Und nicht nur hatte eine Fernsehreportage kurz vor dem Kneipenabend ausführlich darüber berichtet.

Bei Heiko S., dem Hauptbelastungszeugen, der vor Gericht keiner mehr sein wollte, wurde auch eine mit Reichsadler und Reichskriegsflagge dekorierte Einladung zu einem »Skintreffen« in Leipzig gefunden. Für eben diesen 31. August 1991.

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Der Wahlkampf nimmt in Torgelow bedrohliche Züge an. Ein junger Kandidat der Linkspartei wird beleidigt und seinen Mitstreitern mit „Ausrottung“ gedroht.

„Moritz G. Du F***e!“ steht an der Mauer in unmittelbarer Nähe des Wohnorts von Moritz Griffel, dem 19-jährigen Kandidaten der Linkspartei für die Kommunalwahlen.

Krass innovativ.

Weiter deklarieren die unbekannten Sprüher die Gegend als „Nazi Kiez“. Die Polizei bestätigt, dass inzwischen eine Strafanzeige vorliegt.

Die "Linksjugend" bewertet das Graffiti als Einschüchterungsversuch. Es zeige eindringlich, „wie Faschisten versuchen, ihre politischen Gegner mundtot zu machen und gerade im ländlichen Raum dadurch eine rechte Vorherrschaft aufzubauen.“

Moritz Griffel zeigte sich von dem Einschüchterungsversuch unbeeindruckt: „Wer sich gegen Rechts engagiert, muss mittlerweile mit solchen Anfeindungen rechnen. Ich werde meine Kandidatur für die Stadtvertretung auch nutzen, um mich weiterhin deutlich gegen rechten Hass und Hetze in Torgelow einzusetzen“ sagte er dem Nordkurier in einer Stellungnahme.

Für die "Linksjugend" ist klar: Sie will den Rechten trotz Drohungen und Einschüchterungsversuchen nicht das Feld überlassen.

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Jahrelang hatte er online Neonazi-Propaganda verbreitet und die Shoah geleugnet: Nun steht der Betreiber der Onlineplattform "Altermedia" vor Gericht.

Für viele Jahre galt "Altermedia" als eines der wichtigsten Portale der rechtsextremen Szene in Deutschland. Auf ihr wurden Menschen zum Hass auf Geflüchtete, Muslime und Juden aufgestachelt.

Außerdem leugneten die Betreiber der Plattform in mehreren Beiträgen die Shoah, den systematischen Mord an Millionen Juden während der Terrorherrschaft des Nationalsozialismus. Nun steht einer der mutmaßlichen Betreiber der rechtsextremen Plattform vor Gericht.

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wird der Fall des 66-Jährigen verhandelt. Ihm wird die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie Volksverhetzung in mehreren Fällen vorgeworfen. Das erklärte ein Sprecher des Gerichts.

Die Hauptbetreiber von "Altermedia" wurden bereits 2018 in einem Staatsschutzverfahren vom OLG Stuttgart verurteilt. Allerdings war das Verfahren gegen den jetzt angeklagten 66-Jährigen damals ausgesetzt worden.

Der Mann lebte zu dem Zeitpunkt in Lloret de Mar in Spanien und gab an, aus gesundheitlichen Gründen nicht reise- und verhandlungsfähig zu sein.

Spätere "Fahndungsmaßnahmen" ergaben jedoch Hinweise darauf, dass seine gesundheitlichen Einschränkungen womöglich nur vorgeschoben waren, um sich dem Gerichtsverfahren zu entziehen.

Daraufhin erließ das OLG einen Haftbefehl gegen ihn. Im März dieses Jahres wurde er festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert.

Nice. Jetzt sind nur noch 596 per Haftbefehl gesuchte Neonazis frei.

Im ersten Prozess rund um Altermedia-Deutschland verurteilte das OLG Stuttgart einen rechtsextremen Informatiker, der im Schwarzwald lebte, als Rädelsführer zu zweieinhalb Jahren Gefängnisstrafe.

Drei mitangeklagte Frauen erhielten Bewährungsstrafen von bis zu zwei Jahren für ihre Beteiligung an dem Betrieb des Internetportals. Für den aktuellen Prozess gegen den 66-Jährigen sind vier weitere Termine bis Ende April angesetzt.

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Etwa 200 Männer kamen in Hamburg zu einem Treffen der Islamisten-Gruppe „Muslim Interaktiv“. Die Gruppe soll einen wachsenden Einfluss auf junge Muslime haben. Auch in NRW.

Nach einem Treffen der Islamisten-Gruppe „Muslim Interaktiv“ am vergangenen Donnerstag in Hamburg warnt die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) vor „besorgniserregenden Kalifatsplänen“.

„Unser Grundgesetz garantiert aus gutem Grund die Religionsfreiheit“, teilt die Gewerkschaft mit. „Die Aktivitäten der Vereinigung Muslim Interaktiv begründen jedoch den Verdacht, dass jenes Grundrecht missbraucht wird.“

Nach Erkenntnissen des Hamburger Verfassungsschutzes handele es sich bei der Gruppe um eine Tarnorganisation der verbotenen Vereinigung „Hizb ut-Tahrir – Islamische Befreiungsfront“.

Für die Hizb ut-Tahrir gilt in Deutschland ein Betätigungsverbot, unter anderem wegen Israelfeindlichkeit und antisemitischer Propaganda.

Die Gruppe „Muslim Interaktiv“ ist nach Erkenntnissen der Polizei vor allem in NRW und Berlin aktiv und rekrutiert Anhänger mit Internetauftritten.

Die Gruppierung verfolge geheimdienstlichen Erkenntnissen zur Folge das Ziel, „in Deutschland eine radikale Variante des Islams zu verbreiten und einen sich alles der Religion unterordnenden Gottesstaat zu errichten“, wie die Gewerkschaft mitteilt.

„Hierauf ist mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten entschieden zu reagieren“, fordert DPolG-NRW-Chef Erich Rettinghaus. „Sofern die bisherigen Erkenntnisse für ein Betätigungsverbot nicht ausreichen, ist der Verfassungsschutz gefordert, Material für ein solches Verbot zu beschaffen.“

Zudem sei ausländerrechtlich zu prüfen, inwieweit Mitgliedern der Vereinigung der weitere Aufenthalt in Deutschland oder die (Wieder-)Einreise verwehrt werden könne.

Die Gruppe selbst bezeichnet sich in den sozialen Netzwerken als „Zusammenschluss von Muslimen, die sich zum Ziel gesetzt haben, den in Deutschland lebenden Muslimen den Islam als eine umfassende Lebensweise vorzustellen und sie zur Praktizierung des Islam in allen Lebensbereichen zu ermutigen“.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte bereits im vergangenen Herbst über „Muslim Interaktiv“ gesagt: „Die sind brandgefährlich.“ Reul hatte das Verbot von drei islamistischen Gruppierungen gefordert und die Gruppen „Generation Islam“, „Realität Islam“ und „Muslim Interaktiv“ genannt.

Die Bewegungen forderten die Errichtung eines Kalifats, in dem die Scharia gilt, wie Reul damals sagte. Die drei Gruppen sind alle im Internet sehr aktiv. Dazu kommen Versammlungen mit zum Teil mehreren tausend Teilnehmern.

Ermittler gehen davon aus, dass in NRW mehrere Hundert Personen diesen Gruppen angehören, die für Veranstaltungen noch größere Menschenmengen mobilisieren.

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Die Burschenschaft "Germania Halle zu Mainz" wird vom rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz beobachtet. Das bestätigte das Innenministerium auf Anfrage der Zeitung "Rheinpfalz".

Es gebe intensive Verbindungen in die rechtsextremistische Szene, zitiert die Zeitung den Verfassungsschutz. Die Burschenschaft zeige eine kontinuierliche rechtsextremistische und völkische Weltanschauung.

Die Einstufung der Burschenschaft als Beobachtungsobjekt durch den Verfassungsschutz kommt nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth zu spät.

Die Expertin für Burschenschaften an der Universität Gießen sagte dem SWR, es wäre längst Aufgabe des Verfassungsschutzes gewesen, dort genauer hinzuschauen.

Es wundere sie, dass das Innenministerium erst jetzt eine kontinuierliche rechtsextremistische und völkische Weltanschauung bei der Germania beobachte, so die Wissenschaftlerin.

Die Burschenschaft mit Sitz in Mainz sei seit Jahrzehnten immer wieder mit rechtsextremen Vorfällen aufgefallen. Der Verfassungsschutz begründet die jetzige Einstufung unter anderem mit zahlreichen und zunehmend intensiven Verbindungen in die rechtsextremistische Szene.

Die Burschenschaft wies in einer Stellungnahme die Vorwürfe zurück. Seit der Gründung im Jahr 1861 setze man sich konsequent für die Freiheit der Meinung und des Wortes sowie für den Rechtsstaat ein.

Die Burschenschaft lehne Extremismus jeder Art entschieden ab. Es sei ein demokratisches Recht der Bundesbrüder sich bei zugelassenen Wahlparteien zu engagieren. Dieses Engagement einzelner Mitglieder rechtfertige nicht die Beobachtung der Burschenschaft, hieß es.

Der "Germania Halle zu Mainz" gehören auch mehrere rheinland-pfälzische AfD-Politiker an, unter anderem der Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier und der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Damian Lohr.

Besonders im Zusammenhang mit dem Verein "Zentrum Rheinhessen" seien die personellen Überschneidungen mit der Jugendorganisation der AfD, der "Jungen Alternative" (JA), und der "Identitären Bewegung" deutlich geworden, hieß es bei der "Rheinpfalz" weiter. Beiden Organisationen wurden vom Bundesamt für Verfassungsschutz "gesichert rechtsextremistische Bestrebungen" bescheinigt.

Die Stadt Mainz hatte die Nutzung des "Zentrums Rheinhessen" im Stadtteil Hechtsheim im Januar untersagt. Ursprünglich hatte die Stadt für das Gebäude eine Baugenehmigung für ein Autohaus mit einer Ausstellungshalle, einer Aufbereitungshalle und Büroräumen erteilt. Wenn das Gebäude nun anders genutzt werde, brauche es eine Genehmigung, so die Stadt.

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Der Wirtschaftsrat der CDU in Rheinland-Pfalz hat den umstrittenen Finanzwissenschaftler Homburg eingeladen. Dieser war durch zweifelhafte Äußerungen zu den Corona-Maßnahmen bekannt geworden.

Über die Einladung des CDU-Wirtschaftsrats nach Bad Kreuznach am 23. April hatte zunächst das Nachrichtenportal "t-online" berichtet. Stefan Homburg hatte unter anderem die Corona-Maßnahmen mit den Ereignissen in Deutschland von 1933 verglichen.

Die Forschungen des Impfstoffherstellers BioNTech aus Mainz an einem Impfstoff gegen Krebs kommentierte er auf dem Kurznachrichtendienst X vergangene Woche mit den Worten: "Lieber Krebs als Plörre von Biontec".

Im Landesvorstand des CDU-nahen Lobbyverbandes sitzt auch der rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Christian Baldauf. Dem SWR sagte Baldauf, er finde die Aussagen und das Auftreten Homburgs falsch. Er hätte ihn nicht eingeladen.

Der Wirtschaftsrat dagegen teilte dem SWR mit, man werde vorerst an dem Termin festhalten und das weitere Vorgehen am Dienstag besprechen.

Die rheinland-pfälzische CDU hingegen spricht sich klar gegen die Einladung Homburgs aus. CDU-Generalsekretär Gordon Schnieder spricht von einer Grenzüberschreitung des CDU-nahen Lobbyverbands.

Wer innovative, deutsche Unternehmen in Misskredit bringe, Menschen beleidige, rechtsextreme Ansichten teile und Verschwörungstheorien verbreite, dem solle man keine Bühne bieten, so Schnieder. Das Verhalten Homburgs widerspreche christdemokratischen Werten.

Homburg ist Ökonom an der Universität Hannover. Er ist bereits mehrfach bei der AfD aufgetreten. Unter anderem im November 2023 auf einer Corona-Veranstaltung der AfD-Bundestagsfraktion.

Homburg war früher unter anderem Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums unter Theo Waigel (CSU) und Mitglied der Förderalismuskommission I von Bundestag und Bundesrat.

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Rechtsextreme und Vertreter demokratischer Parteien in der Uckermark haben ein gemeinsames Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) geschickt.

In dem am Montag in Prenzlau veröffentlichten offenen Brief von Kreistagsabgeordneten zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fordern sie friedliche Lösungen und den Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine.

Statt militärischer Unterstützung sollte Deutschland "alles dafür tun, um der Ukraine jedwede humanitäre Hilfe zukommen zu lassen", heißt es darin. Man sehe die Uckermark "fest in einem vereinten Europa verankert".

Unterzeichnet ist der Brief unter anderem von Landrätin Karina Dörk (CDU), dem AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck und dem Linken-Landtagsabgeordneten Andreas Büttner.

Querfront

Gnauck ist auch Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft worden ist.

Auch der Kreistagsvertreter der in "Die Heimat" umbenannten NPD hat den Brief unterschrieben.

Weitere Unterstützung kam unter anderem von SPD-Vertretern, von FDP, Freien Wählern und der Fraktion Bauern-Ländlicher Raum. Nur die Grünen im Kreistag haben nicht unterzeichnet.

Was zum fick ist denn in der Uckermark falsch gelaufen?

Auf Anfrage von rbb24 zeigte sich der Linken-Abgeordnete Büttner irritiert über die gemeinsame Unterzeichnung des Briefes. Er habe nicht gewusst, dass auch die AfD die Forderungen des Briefes unterstütze und nicht damit gerechnet, dass sich auch die AfD für ein geeintes Europa ausspreche.

Er halte deren Unterschriften daher für "Schwachsinn" und für ein "Stöckchen", das man den demokratischen Parteien hinhalte, so Büttner weiter. Er wolle seine Unterschrift aber nicht zurücknehmen. Inhaltlich stehe er zu dem offenen Brief.

Die Sprecherin der Kreisverwaltung Uckermark, Ramona Fischer, sprach gegenüber rbb24 von einem transparenten Verfahren. Der Vorschlag für den offenen Brief sei aus den Reihen des Kreistages, nicht von der Landrätin gekommen. Ende März sei der Text im Ältestenrat final abgestimmt worden und allen Abgeordneten zugegangen.

Daraufhin hätten sie mehrere Tage Zeit gehabt zu entscheiden, ob er oder sie unterzeichne. Da der Brief an alle Mitglieder des Kreistages gegangen sei, hätte auch damit gerechnet werden müssen, dass alle unterzeichnen, so Fischer.

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Auf der Kaiserstraße in Siegburg versammelten sich etwa 50 Demonstranten. Aufgerufen hatte die Linksjugend Solid.

Rangeleien mit der Polizei gab es am Samstagabend bei einer Gegendemonstration zu einer AfD-Veranstaltung an der Kaiserstraße. Die Linksjugend Solid hatte dazu aufgerufen, und etwa 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren gekommen, darunter etwa die Hälfte aus Köln und Bonn.

Die Polizei hatte als Versammlungsort einen kleinen Platz vor einer Gaststätte am Verbindungsweg ausgewiesen. Doch dort feierte der Wirt seinen Abschied, mehrere Hundert Gäste standen zusammen.

Kontext: Ein ziemlich beliebter Gastwirt feierte mit Gästen die Schließung seines Restaurants nach 43 Jahren. Die Polizei gab den Versammlungsort für die Anti-AfD Demo auf demselben Platz an, auf dem auch die Feier vom Gastwirt stattfand.

Die Demonstrierenden überließen kurzerhand ihre Musikanlage mit italienischen Songs den Feiernden und zogen vor das gegenüberliegende Gebäude, zu dem gerade die Besucher der Zusammenkunft der Rechtspopulisten kamen.

Gigachad

Die Polizei sperrte die Kaiserstraße zwischen Johannesstraße und Breite Straße.

Die Gegendemonstranten versuchten, die andere Seite daran zu hindern, zu ihrem Treffen zu kommen. Dabei blockierten sie den Bürgersteig und die Einfahrt.

Polizisten trugen zwei auf dem Boden Sitzende weg. Eine wohl dem linken Spektrum zuzuordnende Frau bespuckte einen der Rechten, traf dabei allerdings auch eine Beamtin.

Eine gute Vorlagefür einen zynischen Spruch, bin aber gerade zu unkreativ.

Das brachte ihr eine Anzeige wegen Körperverletzung ein, wegen Erregens von Übelkeit durch Spucken.

Der Einsatzleiter forderte den Versammlungsleiter auf, die Auflagen einzuhalten, und ließ seine Kräfte den Weg für die Besucher der AfD frei machen.

Bürger Guido Schmitz aus Siegburg beschrieb den Einsatz der Polizei als überzogen, diese habe einseitig nur gegen die Linke agiert und die Provokationen der Rechten zuvor nicht beachtet.

Kann ich mir nicht vorstellen.

Bevor die Polizei die Gegendemo formal beenden konnte, löste die Versammlung sich von allein auf. Die Polizei blieb bis zum Ende der Parteiveranstaltung vor Ort.

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Für die traditionelle Autonomen-Demo am Tag der Arbeit in Berlin sind 5000 Menschen angemeldet. Die Route soll diesmal am Südstern in Kreuzberg starten.

Am 1. Mai demonstrieren wieder Linke und Autonome in Berlin. Inzwischen steht die Route für die traditionelle „Revolutionärer 1. Mai“-Demo fest.

Nach Angaben der Polizei wollen die Demonstrierenden in diesem Jahr am Südstern in Berlin-Kreuzberg starten und die Veranstaltung auch an dem Punkt wieder beenden.

Nach Angaben einer Polizeisprecherin wurden 5000 Menschen angemeldet. Die Demonstration startet um 14 Uhr und soll entlang der Körtestraße/Lilienthalstraße und der Hasenheide führen.

Anschließend geht es nach bisherigen Angaben an der Karl-Marx-Straße und Erkstraße weiter, ehe die Teilnehmenden über die Neuköllner Sonnenallee wieder auf den Hermannplatz zurückkehren sollen und entlang der Hasenheide wieder auf den Südstern treffen. Das Ende der Veranstaltung ist für 22 Uhr angesetzt.

Die Strecke gilt erfahrungsgemäß als vorläufig. In den vergangenen Jahren kam es nach Kooperationsgesprächen zwischen Veranstaltern und der Polizei wiederholt zu Veränderungen.

In den vergangenen Jahren hatte die linksradikale Gruppierung „Migrantifa“ zu den Demonstrationen aufgerufen und diese angemeldet. In diesem Jahr wurde die Demonstration laut Polizei von einer Einzelperson angemeldet.

„Die“ Migrantifa ist genauso, wie „die“ Antifa keine Gruppierung, sondern in erster Linie ein Sammelbegriff für Antifaschisten mit Migrationshintergrund. Bei den vergangenen 1. Mai Demos haben sich Gruppen gebildet, die sich unter anderem „Migrantifa“ nannten, unter diesem Namen die Demos angemeldet haben und sich dann größtenteils wieder aufgelöst haben, nachdem die Demos vorbei waren.

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In der rund 9.000 Einwohner zählenden Kommune Sonsbeck am Niederrhein haben am Sonntag nach Polizeiangaben rund 1.000 Teilnehmende einer Menschenkette "gegen Rassismus und Ausgrenzung und für Demokratie" demonstriert.

Zu der Demonstration hatte das von Parteien, Kirchen und zahlreichen Vereinen getragene Bündnis "Sonsbeck bekennt Farbe" aufgerufen. Zum Zeichen ihrer Verbundenheit in ihrem Einsatz für eine bunte, tolerante Gesellschaft ließen die Menschen am Straßenrand ein rotes Band durch ihre Hände gleiten.

Mehrere Menschen hatten zudem Plakate und Schilder mitgebracht, mit denen sie auf die Gefahren für die Demokratie aufmerksam machen wollten. Mit Aufschriften wie "Aufstehen gegen Rassismus" und "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf" setzten die Sonsbecker klare Zeichen für ihre zentrale Botschaft: "Sonsbeck ist bunt."

Für den großen Zulauf in der rund 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Kreis Wesel hatten im Vorfeld zahlreiche Menschen in selbst gedrehten Videos in sozialen Netzwerken unter dem Motto "Sonsbeck bekennt Farbe" zur Teilnahme an der Menschenkette aufgerufen.

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cross-posted from: https://feddit.de/post/10862918

Zwischen 400 und 500 Menschen haben am Sonntag nach Polizeiangaben in der Innenstadt von Oldenburg ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde demonstriert. Die Täter sind weiter flüchtig.

Nach dem Brandanschlag auf die Oldenburger Synagoge am Freitag haben Hunderte gegen Antisemitismus demonstriert. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte das Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus.

Die haben übrigens ein ziemlich großes Problem Israelkritik und Antisemitismus auseinanderzuhalten.

Der Brandanschlag am Freitag sei trauriger, beschämender und erzürnender Höhepunkt eines sich seit Monaten verschlimmernden antisemitischen Klimas in Oldenburg, eine neue Dimension in der Stadt, schreibt das Bündnis.

An der Kundgebung auf dem Julius-Mosen-Platz unweit der Synagoge nahmen auch Landtagspräsidentin Hanna Naber sowie Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (beide SPD) teil. "Wir stehen hier für den solidarischen Schutz der Jüdinnen und Juden - in Oldenburg, Niedersachsen und der ganzen Welt. Wir erinnern an unser Versprechen, mit dem die Bundesrepublik gegründet wurde: Nie wieder! Der Schutz jüdischen Lebens ist unser aller Verpflichtung", sagte die in Oldenburg lebende Naber.

Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Claire Schaub-Moore, dankte für die "überwältigende Solidarität", die der Gemeinde Stärke verleihe. "Diese Stärke ist viel größer als das, was vor unserer Synagoge passiert ist."

Am Freitag war ein Brandsatz gegen eine Tür der Synagoge geworfen worden. Niemand wurde verletzt.

Nach dem Brandanschlag sucht die Polizei mit einer Ermittlungsgruppe weiter nach den Tätern. Bislang gibt es laut Polizei keine Erkenntnisse zu Verdächtigen, auch nicht zu Hintergründen.

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In einem Facebook-Beitrag wettert die Greifswalder Initiative zum Bürgerentscheid gegen das örtliche Jugendzentrum Klex.

Auch andere zivilgesellschaftliche Initiativen werden verbal angegriffen. Was die Initiative als „linksextrem“ und „kommunistische Kaderschmiede“ bezeichnet, sind staatlich geförderte Jugendsozialarbeit, pädagogische Angebote sowie ehrenamtliches und kulturelles Engagement für die Hansestadt.

Als „versiffte Bude“ und „Schandfleck“ betitelte die Initiative Bürgerentscheid Greifswald (IBG) am 2. April auf Facebook das Jugendzentrum Klex.

Die IBG gründete sich im Zuge der Proteste gegen Geflüchtetenunterkünfte in der Hansestadt, die in einen Bürgerentscheid mündeten.

Mit sieben Kommentaren, von denen vier ausgeblendet wurden und nur drei von den sogenannten Top-Fans zu lesen sind, mehreren Weiterleitungen und insgesamt 38 Likes hat der Beitrag eine ähnliche Resonanz wie andere auf der Seite.

Das Jugendzentrum am Rand der Greifswalder Altstadt wird weiter beschrieben als „Brutstätte linker Subkultur“, die nach Meinung der IBG verantwortlich sei für Schmierereien an Häusern in der Innenstadt.

Das Zentrum gehöre dort nicht hin, sondern „bestenfalls ins Industriegebiet, wie zum Beispiel KATAPULT“.

Soll das ein Angriff sein? Ich mag Industriegebiete. Da gibt es oft noch kreative Projekte.

Neben dem Klex werden auch das Kultur- und Initiativenhaus Straze und das internationale Kultur- und Wohnprojekt Ikuwo attackiert, ebenso Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) als vermeintlich Verantwortlicher.

Die IBG sowie „weitere konservative Mitglieder der Bürgerschaft“ würden sich dafür einsetzen, dass diese „kommunistischen Kaderschmieden“ und „linksextremen Treffpunkte“ zukünftig nicht weiter unterstützt werden.

Es ist fraglich, worauf sich die Initiative dabei bezieht. Das Ikuwo ist bereits seit Jahren eigenfinanziert, auch die Straze trägt sich zu großen Teilen selbst.

Auch bezüglich des in dem Beitrag aufs Korn genommenen „Schandflecks“ Jugendzentrum liegen der IBG offenbar fehlerhafte Informationen vor:

Tatsächlich ist das Jugendzentrum Klex ein politisch gewollter Ort der Jugendförderung. Seit den 1990er-Jahren werden dort Angebote aufgebaut, die nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs verpflichtend für die Kommunen, in diesem Fall die Hansestadt, sind.

Träger des Hauses ist der Verein Stadtjugendring Greifswald. Er ist verantwortlich für Inhalte und Vereinsstrukturen. Es gibt kontinuierlich Gespräche zur Konzeption und den Angeboten mit dem Jugendamt, das auch Kontrollen durchführt.

Neben wöchentlichen Kursen und Beratungsangeboten finden im Klex regelmäßig Konzerte und Weiterbildungen statt. Jugendliche sollen dort eigene Ideen verwirklichen und auch Verantwortung übernehmen und sich ehrenamtlich in Projekt- oder Vereinsarbeit engagieren können, heißt es auf der Internetseite. Wöchentlich nutzen das Angebot rund 500 junge Menschen.

In dem Gebäude hat neben dem Jugendzentrum ein breites Spektrum weiterer gesellschaftlicher Initiativen seinen Sitz. Derzeit sind dort neun Vereine aktiv, unter anderem der Pfadfinderbund MV, der Arbeitskreis kritischer JuristInnen, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und das Medienzentrum.

Letzteres betreibt eine medienpädagogische Computerspielschule für Kinder, Jugendliche und Eltern. Politisch ausgerichtet seien also die meisten nicht, merkt Jugendsozialarbeiterin Yvonne Görs vom Stadtjugendring an.

Unterstützt werden die Projekte und die Sozialarbeit von der Stadt, dem Landkreis Vorpommern-Greifswald und der Europäischen Union.

Bezüglich der illegalen Schmierereien und dem Zustand des Hauses sieht auch das Jugendzentrum Herausforderungen: Während die künstlerischen Graffiti Mitte der Neunzigerjahre in Zusammenarbeit mit Kunststudierenden der Universität entstanden sind, gibt es auch immer wieder diverse Schmierereien.

Nachdem eine Reinigungsfirma vor Ort war, kamen wieder neue hinzu. Als Mieter des Gebäudes könne der Stadtjugendring allerdings auch nur die zuständige Immobilienfirma für weitere Reinigungsarbeiten kontaktieren.

Eigentümerin des denkmalgeschützten Hauses ist die Stadt. Der Verein wünscht sich eine grundlegende Sanierung des Gebäudes. Darüber sei man mit der Stadt auch schon in Gesprächen.

Anders als die Bürgerinitiative. Denn auf Nachfrage heißt es vom Stadtjugendring, dass keine ihrer Vertreter:innen jemals im Haus gewesen seien.

Fotos – wie in ihrem aktuellen Post – wurden nur von außen aufgenommen. Gesprächsanfragen seitens der IBG zu den Hintergründen der Arbeit vor Ort habe es bisher nicht gegeben.

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Eine 60-Jährige ist am Samstagabend auf der Prager Straße in Dresden von einem ihr unbekannten Mann attackiert worden. Der Täter schlug laut Polizei unvermittelt auf die Frau ein und äußerte dabei rassistische Parolen.

Das Opfer, eine gebürtige Mosambikanerin, trug leichte Verletzungen davon. Außerdem ging ihr Handy kaputt – es fiel ihr aus der Hand, der Angreifer trat auf das am Boden liegende Telefon. Die Polizei fasste den Verdächtigen noch vor Ort. Er stand erheblich unter Alkoholeinfluss. Gemessen wurden 2,8 Promille.

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